Dienstag, 30. Juni 2015

EIN HERZ FÜR LEHRER

Hausaufgaben sind doof. 





Klassenarbeiten auch. 





Und Geräteturnen. 





Und Grammatik. 




Was für ein Glück, dass es neben all dem auch Lichtblicke in der Schule gibt: 

Die Lehrerinnen und Lehrer.

Und damit die endlich mal erfahren, was Ihre kleinen Schülerinnen und Schüler über sie denken, haben die Kinder am letzten Schultag "Herzen sprechen lassen". 


   


Natürlich handbemalt und -beschrieben.


   
   
   
Dafür haben die Kleinen sogar ihre Pause geopfert. 

      

  
Mehr Liebe geht nicht.
   
       




Sonntag, 28. Juni 2015

MÄNNERHERZEN

Der letzte Schultag vor den Sommerferien.

Für die meisten Kinder ein Grund zur Freude. Nicht für unsere Kinder. 

Das liegt zum einen daran, dass Lotta und Luis ihre Schule lieben und wirklich gerne hingehen.  

Natürlich soll hier nicht der Eindruck entstehen, unsere Kinder seien zwei kleine Streber, die um des Lernens willen in die Schule gehen. Nein! Eher nehmen sie den Unterricht als "Teil des Pakets" billigend in Kauf. Das Wichtigste am täglichen Schulbesuch ist und bleibt, dass man dort seine Freunde trifft. (In Bezug auf Lotta muss man fairerweise ergänzen, dass sie auch für das Schwimmtraining und den Coding Club den täglichen Weg auf sich nehmen würde...)

Zum anderen ursächlich dafür, dass der letzte Tag eines Schuljahres kein reiner Freudentag ist, ist der Umstand, dass er in einer internationalen Schule immer auch ein Tag des großen Abschiednehmens  ist. 

In jedem Sommer verlässt ungefähr ein Viertel der Schüler Hanoi und zieht mit seinen  "hochmobilen" Eltern weiter.  Ob sie wollen oder nicht.

Unsere Erinnerung an den eigenen Weggang aus Berlin ist noch frisch genug, um zu wissen, wie schwer es gerade Kindern fällt, ihr gewohntes Umfeld aufzugeben und ganz von vorne anzufangen. Auf sie wartet nämlich keine "neue, spannende Aufgabe", kein Karrieresprung, kein nächster Schritt zur beruflichen Selbstverwirklichung. 

Für die Kinder heißt der Weggang vor allem erst einmal: 

Wieder ein neuer, fremder Schulhof.

Wieder unzählige Augenpaare, die einen neugierig mustern oder - schlimmer noch! - gar nicht beachten.

Wieder das Gefühl der Hilflosigkeit bei jedem Klingeln, weil man sich immer noch nicht merken kann, wo in der neuen Schule die Turnhalle, der Pausenhof oder die Musikräume sind. 

Vielleicht sogar wieder eine neue Sprache und die Angst, dass alle einen für "blöd" halten, weil man auch die einfachsten Fragen nicht beantworten kann ... 

Doch zurück zum Abschiednehmen. Natürlich fällt in Anbetracht der unendlich langen Sommerferien (in diesem Jahr sind es fast 10 Wochen) die Trennung von den besten Freundinnen und Freunden schwer, denn im Prä-Facebook-Alter unserer Kinder helfen die sozialen Medien noch nicht über die endlosen Kilometer zwischen Japan, Vietnam, Australien und Europa hinweg.

Richtig schlimm ist es aber dann, wenn der Abschied für noch länger ist.

Zum Beispiel wie bei Luis und seinem Freund Vihaan aus Nepal. Der muss nämlich mit seinen Eltern nach New York ziehen und New York - soviel haben die beiden Jungen in der ersten Klasse bereits gelernt - ist richtig weit weg von Vietnam. Da kann man zwar mit dem Flugzeug hinfliegen, aber täglich Fangen und Fußball spielen, Hand in Hand zum Musikunterricht laufen und die täglichen gemeinsamen Fahrten im Schulbus sind einfach nicht mehr drin. Abgesehen davon, dass sich beide jemand Neuen suchen werden müssen, der verlässlich in jeder - IN WIRKLICH JEDER - Mittagspause den Platz neben sich frei hält, damit man auch ganz bestimmt zusammen sitzen kann. 

Und so gelingt es den beiden am Ende auch nur mit Mühe, die Tränen zurückzuhalten und statt des üblichen Geplappers herrscht gedämpftes Schweigen.

Doch Luis hat Vorsorge getroffen: Damit Vihaan ihn und die anderen Kinder aus der Klasse nicht vergisst, hat er ihm ein Erinnerungsbild gemalt.


Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, schenkt er ihm ein Buch mit Bildern von allen Kindern aus der Klasse.


Für den Fall, dass auch das nicht reichen sollte, hat Luis noch einen Brief geschrieben.




Und erklärt dazu: "Wenn Vihaan in New York mal alleine ist, kann er den Brief lesen. Dann weiß er wieder, dass er ganz viele Freunde hat. Nur eben auf der anderen Seite von der Welt."



Und tatsächlich - als Vihaan den Brief liest, ist er gleich viel weniger traurig. 

Seine Mutter fängt dagegen nun erst richtig an zu weinen. Aber das liegt vermutlich daran, dass Mütter einfach nicht wissen, wie das funktioniert - so eine echte Männerfreundschaft.




AN DIE WAND GENAGELT


Nein. Kein Photoshop. Sie hängen wirklich da. 

Überlebensgroß. „Meine“ Poster. An der Außenmauer der Botschaft. 


Wir Deutsche haben ja traditionell ein Problem mit tristen Mauern - und so nutzt auch die Deutsche Botschaft in Hanoi jede Gelegenheit, ihre Außenmauer etwas aufzuhübschen.



Zum Beispiel mit den Postern des DAAD „Studieren in Deutschland - eine Familientradition“. 

Es gibt hässlicheren Wandschmuck, finde ich.


Donnerstag, 25. Juni 2015

DAS LEBEN DER ANDEREN

Verwirrt sehen Anke und ich uns an.

Wie so oft in den vergangenen Monaten sitzen wir - etwas fröstelnd - auf einem hölzernen Sofa, vor uns eine Tasse grünen Tee und eine Schale mit Mandarinen und lauschen den Lebensgeschichten vietnamesischer Alumni.

„Das habe ich von der deutschen Mutti…“ erzählt die ältere Dame, die uns gegenüber sitzt und einen kleinen Kerzenleuchter in Händen hält.

Spricht sie von der Bundeskanzlerin?



Für das Buch zur Posterserie „Studieren in Deutschland - Eine Familientradition" interviewt Anke, die DAAD-Büroleiterin, ein gutes Dutzend vietnamesischer Familien. Alle verbindet, dass sowohl mindestens ein Elternteil als auch mindestens ein Kind in Deutschland studiert oder promoviert hat. 

Ich bin dabei, um das Ganze fotografisch zu dokumentieren. 

In der Elterngeneration stoßen wir auf viele „Moritzburger“, ein Begriff den man als Deutscher in Vietnam meist irgendwo schon einmal gehört hat, mit dem man aber meist nicht all zu viel anfangen konnte. Bis jetzt.

Meist dauert es etwas, bis die Gesprächspartner in Schwung kommen. Merken sie aber erst einmal, dass ihre Erzählungen bei uns auf echtes Interesse stoßen, legen sie los und erzählen - in druckreifem Deutsch - wie das damals war. Als sie als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene nach Deutschland reisten.

Und in den vielen Gesprächen erfahren wir auch erstmals von dem großen Plan, der hinter allem stand.

Vietnam in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Europa erholt sich von den Folgen des 2. Weltkrieges. Im anderen Teil der Welt ist dagegen noch lange kein Frieden eingekehrt.

Vietnam hat sich gerade erfolgreich von den japanischen Besetzern befreit, Frankreich dagegen will seine Stellung als Kolonialmacht nicht aufgeben. Seit fast 100 Jahren beutet es die Menschen und Ländereien Vietnams aus. Warum damit aufhören?

Doch seit 1946 regt sich organisierter Widerstand - wichtigster Anführer ist Onkel Ho, bei uns bekannter unter dem Namen Ho Chi Minh.

Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte des Landes, das Vietnam von einer fremden Macht besetzt und ausgebeutet wird. Und bisher ist es früher oder später immer gelungen, die feindlichen Eroberer wieder zu vertreiben.

Weil er weiß, dass das auch diesmal wieder der Fall sein wird, macht Ho Chi Minh bereits Anfang der 50er Jahre, zu einem Zeitpunkt, als die Freiheit noch in weiter Ferne scheint, Pläne für die Zeit „danach“. Wenn die Franzosen vertrieben sind, soll Vietnam als freies Land wieder auferstehen. Es soll ein modernes Land sein, ein Land, dessen Bewohner endlich keinen Hunger mehr leiden. Statt feindlicher Truppen soll endlich der Fortschritt Einzug halten.




Dafür braucht es - das ist ihm klar - gut ausgebildete junge Menschen. Aber wo und wie soll man in diesen Kriegszeiten, geprägt von Armut und Hunger, in Ruhe lernen?

Ho Chi Minh besinnt sich auf seine Verbündeten im Geiste im Ausland. Und schnell wird nicht nur mit Russland, sondern auch mit der Deutschen Demokratischen Republik vereinbart, dass vietnamesische Kinder von den befreundeten Staaten aufgenommen werden, um dort in "Schullandheimen" die Bildung zu erhalten, die ihnen ihn der Heimat nicht geboten werden kann.



„Ich war zehn und hatte im Sommer zuvor ein Buch gelesen, in dem ein Junge eine weite Reise machte. Als die Männer kamen und meiner Mutter erklärten, dass ich zu den Ausgewählten gehörte, die nach Deutschland reisen sollten, konnte ich mein Glück nicht fassen. Nun sollte ICH eine Reise machen! Kaum erwarten konnte ich, dass es endlich losging!“ erzählt uns einer der Interviewpartner.

Auf die Nachfrage „Aber warum denn ausgerechnet Sie? Warum nicht Ihre Geschwister? Warum nicht die Nachbarskinder?“ hören wir von allen die gleiche Antwort: „Ich hatte die besseren Noten.“

Nicht alle „Erwählten“ wussten jedoch sofort, wohin die Reise ging. So erzählte eine andere Dame:

 „Als ich mich von meiner Mutter verabschiedete und wir mit dem Auto aus dem Dorf fuhren, dachte ich, die Reise ginge lediglich nach Hanoi. Was für mich schon ein riesiges Abenteuer bedeutete. Doch ein paar Tage später, als ich in einem Zug saß, der die Grenze zu China überquerte - da wurde mir langsam klar, dass ich wohl länger von zu Hause weg bleiben würde.




Eine typisch weiblich Frage konnten wir uns an dieser Stelle kaum verkneifen. Die nach dem Gepäck. Wenn man seine Heimat verlässt. Für so viele Jahre. Was nimmt man denn da so alles mit? 

„Einen schwarzen Koffer haben wir bekommen. Da war unter anderem ein guter Anzug drin. Nicht viel mehr. Nach all den Jahren in Deutschland waren natürlich ein paar Dinge hinzugekommen. Zum Beispiel eine Winterjacke, ohne die man es in Deutschland nicht ausgehalten hätte. Wenn man zurückging nach Vietnam, dann übergab man den Koffer an den nächsten, der nach Deutschland aufbrach. Die Winterjacke ließ man natürlich drin. Damit auch der Kamerad in Deutschland nicht würde frieren müssen…



Von der vietnamesisch-chinesischen Grenze ging es dann auch weiter bis zur chinesisch-russischen Grenze. Und nach über drei Wochen endete die Fahrt in Berlin. Ein letztes Mal umsteigen in den Zug nach Dresden und weiter mit Bussen nach Moritzburg. 



Benannt nach dem gleichnamigen Schloss, in dessen umliegenden Häusern und Baracken die Kinder und Jugendlichen - meist für viele Jahre - ein neues Zuhause fanden.
„Bei unserer Ankunft am Bahnhof waren auch deutsche Menschen auf den Gleisen. Ich erinnere mich genau, wie sie uns neugierig betrachteten. Nicht unfreundlich. Aber ein wenig so, als ob wir vom Mond kämen…“

So schildert eine ältere Dame das Eintreffen in Dresden. Sie war zum Studieren nach Deutschland geschickt worden und ihre Eltern entdeckten später in einer vietnamesischen Zeitung zufällig ein Foto, dass die eigene Tochter bei Ankunft auf dem Bahnsteig des Dresdner Hauptbahnhofs zeigte.

Als sie uns das Bild zeigt, überrascht uns die Reaktion der deutschen Passanten nicht wirklich. Eine Gruppe elfengleicher Vietnamesinnen mit langem schwarzen Haar. Gekleidet in weißen Ao Dais, die mit roten Blüten kunstvoll bestickt sind. Kein Wunder, dass man sie für Wesen von einem anderen Stern gehalten hatte…


Außer der nach dem Gepäck treibt uns jedoch noch eine andere Frage um: So jung, so weit weg von zu Hause - da musste man doch schrecklich Heimweh haben?

Bei der übereinstimmenden Antwort hierauf mag die Verdrängung im Lauf der vergangenen Jahrzehnte eine Rolle gespielt haben, dennoch sind die Argumente vermutlich nicht ganz aus der Luft gegriffen:

„Heimweh? Nein. Nicht wirklich!.Uns ging es doch so gut in Moritzburg! Regelmäßige Mahlzeiten - Dreimal am Tag! Saubere Kleidung. Gemütliche Betten. Für jeden von uns eins! Und dann die vielen Erwachsenen, die sich um uns kümmerten, statt die Felder zu bestellen oder in den Krieg zu ziehen - wie unsere Eltern…“

„Als die Leute kamen, um mich nach Deutschland mitzunehmen, hatte ich meine Eltern schon lange nicht mehr gesehen. Sie waren beide im Krieg. Treue Gefolgsleute von Bruder Ho… Deswegen war ich ja auch ausgesucht worden. Und wegen meiner guten Ergebnisse in der Schule!“

„Am Anfang war es nicht ganz einfach. Da haben wir Mädchen abends, wenn die Erzieherin den Schlafsaal verlassen hatte, alle Betten in der Mitte des Raumes zusammen geschoben. So konnten wir einander beim Einschlafen an den Händen halten. Das hat uns sehr geholfen. Denn ein wenig einsam fühlten wir uns ja schon - so weit weg von daheim.



Im "Schullandheim" in Moritzburg lebten und lernten die vietnamesischen Kinder und Jugendlichen viele Jahre lang. Betreut wurden sie von vietnamesischen und deutschen Lehrern und Kinderschwestern. Fragt man sie nach Höhepunkten in dieser Zeit, sind sich alle einig:

„Das war, als Onkel Ho uns besuchen kam! Wir konnten gar nicht glauben, dass er die weite Reise zu uns gemacht hatte. Studierten Wochen vorher Lieder und Tänze ein. Und Gedichte!“

„Der kleine rechts hinter Onkel Ho - das bin ich! Nie werde ich diesen Tag vergessen!“

Aber das war nicht das einzige Erlebnis, das unvergessen blieb.

„Als es zum ersten Mal schneite, da sind wir alle barfuß rausgerannt. Schnee - den kannten wir nicht. Und wussten natürlich auch nicht, dass er so kalt war.“

„Ein paar von den jüngeren Kindern haben dann versucht, Schnee in Briefumschläge zu packen. Sie wollten ihn an ihre Familien in Vietnam schicken. Das hat natürlich nicht geklappt. Weil der Schnee geschmolzen ist…“

Und die Deutschen außerhalb des Internats bzw. der Schule? Wie haben die Sie aufgenommen?

„Manche im Dorf mochten uns nicht so sehr. Die waren verärgert, weil wir ihnen immer die ganzen Postkarten weggekauft haben, um sie an unsere Familien nach Vietnam zu schicken…“ 

„Meine Mitschülerin hatte zu Hause erzählt, dass es da ein vietnamesisches Mädchen gäbe, das immer so traurig sei. Da haben sie mich zu sich nach Hause eingeladen. Da hatte ich dann plötzlich eine deutsche Schwester.“



„Vor ein paar Jahren ist meine deutsche Mutti, also die Mutter meiner deutschen Freundin, gestorben. Da haben die Nachbarn mir eine Kiste mit alten Fotos, Erinnerungsstücken und meinen Briefen geschickt. 

Die Mutti hatte ihnen das aufgetragen, bevor sie starb. Das seien die Andenken für ihre vietnamesische Tochter, hatte sie den Nachbarn gesagt. So stand das in dem Brief, der dem Paket beilag.“


Also doch nicht die Bundeskanzlerin.

Dienstag, 23. Juni 2015

NO RISK NO FUN

Manchmal muss man sich einfach mal was trauen.

In Hanoi gibt es ein Büro des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Der verhilft vietnamesischen Studenten und Doktoranden zu einem Studienaufenthalt in Deutschland. Dank der finanziellen Unterstützung des DAAD können sich auch solche vietnamesische Studenten einen Deutschlandaufenthalt leisten, die das mit eigenen Mitteln nie finanzieren könnten. (Das vietnamesische Durchschnittseinkommen liegt bei ca. 150 US Dollar - im Monat.)

Der DAAD wirbt vietnamweit für sein umfangreiches Stipendienangebot, unter anderem mit bunten Postern, die aus Deutschland zur Verfügung gestellt wurden.

Darauf zu sehen ist zum Beispiel eine blonde Studentin aus Chile, die kaffeetrinkend an der Spree sitzt. Oder ein junger russischer Student mit Vollbart vor dem Brandenburger Tor.  Oder zwei kenianische Studenten in einem Forschungslabor.

Wenig verwunderlich, dass diese Poster die meisten vietnamesischen Studenten nicht ansprechen: Sie erkennen sich selbst darauf schlichtweg nicht wieder. 

Und wenig verwunderlich daher auch, dass die Leiterin des DAAD-Büros Abhilfe schaffen wollte. 

Anke, ihres Zeichens eine „Frau der Tat“, entschied vor ein paar Monaten, eine Testimonial-Reihe über Studentinnen und Studenten zu machen. 



Junge Vietnamesinnen und Vietnamesen, die mit Unterstützung des DAADs in Deutschland studiert haben und von denen ein oder gar beide Elternteile ebenfalls schon in Deutschland studiert hatten. 

Eine ganze „eigene“, vietnamesische Posterreihe sollte entstehen, die überall in Vietnam als Werbung für den Studienstandort Deutschland eingesetzt wird. Und damit es sich auch gleich richtig lohnt, dazu noch eine Broschüre, in der Interviews mit den Alumni aller Generationen, Fotos von ihnen und ihren Familien und den Andenken, die sie aus Deutschland mitgebracht haben, gezeigt werden. 

Eine ziemlich große Nummer also. Zumindest für mich.

Aber da war Matthias, der ungekrönte Fotokönig von Hanoi, der mich der Büroleiterin empfahl. 
Und da war Anke, die DAAD-Leiterin, die fand, dass das doch eine prima Idee sei. 
Und da war mein Schwiegervater, der begeistert frage, „wer, wenn nicht ich in der Lage wäre, diese Lebensgeschichten, die sich da offenbaren würden, in Bilder zu fassen." Und der sich schon auf die Fotos freute.

Und da war Felix, der anbot, mir an den Wochenenden zu Hause den Rücken freizuhalten und meinte „das sei doch mal eine schöne Herausforderung“. 

Und da war ich, die zögerte und zauderte - und es dann schließlich doch wagte. Und den Auftrag annahm.

Über mehrere Monate hinweg führte Anke Interviews, hier in Hanoi und auch in Ho Chi Minh City. Und ich habe sie als Fotografin begleitet. 

Mit diesem Ergebnis:










    
Anfang Juni fand die Eröffnung der Ausstellung mit den Postern und die Vorstellung des Katalogs in den Räumen des Vietnamesisch-Deutschen Zentrums statt.



Die Poster hingen - toll gerahmt - im Raum. Fast alle darauf abgebildeten Alumnifamilien waren angereist, auch die aus Ho Chi Minh City. 

Sogar die Präsidentin des DAAD war dabei und selbst der schwerbeschäftigte Vorsitzende der vietnamesischen Vaterlandsfront hatte sich für den Termin freimachen können. 

Und endlich hielt auch ich die fertige Broschüre in Händen - ein tolles Gefühl.


Und als ich da so stand, mit dem Buch in der Hand, musste ich an einen Moment vor fast zwei Jahren denken:

Es war der erste Schultag in der UNIS. In der Aula hatten sich die neuen Schüler mit ihren Eltern versammelt und Carole, die Direktorin der Grundschule, hielt eine mitreißende Rede, in der sie die wichtigsten Ziele aufzählte, die sich die Schule gesetzt hatte. Eines davon lautete: „We want you to become risktakers and adventurers!“ 

Damals hatte ich geglaubt, sie richte sich mit diesen Worten ausschließlich an die Kinder. 
Aber vielleicht hatte sie ja alle gemeint, die da im Publikum saßen.


Dienstag, 2. Juni 2015

BOAT PEOPLE

Gleichgültig, in welche der beiden Ha Long Bays man fährt, es ist immer auch eine Reise in die Vergangenheit.
 

In den 70er Jahren flüchteten über 1,5 Millionen Vietnamesen vor den Folgen des Krieges und der Armut. 

Das Ziel: die Nachbarländer Vietnams und im Idealfall - zum Beispiel mit Hilfe des deutschen Hilfsschiffs Cap Anamur - Europa. 

An eine Flucht auf dem Landweg war nicht zu denken. Und so drängten sich die verzweifelten Menschen in überfüllte Boote und machten sich auf dem Wasser auf die gefahrvolle Reise in eine hoffentlich bessere Zukunft.

Das alles ist fast 40 Jahre her... 

Um so überraschter waren wir daher, als wir auf einem Bootsausflug in Ninh Binh auf ein freundliches älteres Ehepaar stießen, das sich offenbar in den zahlreichen Kanälen verfahren hatte und seit Ende der 70er Jahre orientierungslos durch die Kanäle der Trockenen Halong Bucht ruderte.


Dank der umliegenden Reisfelder und der fischreichen Kanäle gut genährt, sonnengebräunt und guter Dinge begrüßten uns die verhinderten Auswanderer und waren hocherfreut zu hören, dass wir aus ihrem urspünglichen Zielland -Deutschland - stammen. Auch vernahmen sie mit Freude, dass Vietnam die Folgen des Krieges zwischenzeitlich weitgehend überwunden hat und eine Flucht vor den Kommunisten lange nicht mehr so dringlich ist wie vor 40 Jahren.

Wir freuten uns wirklich sehr über diese unerwartete Begegnung: Ein so nettes Paar, das sich auch gleich gut mit den Kindern verstand und mit allerlei Anekdoten aus der Zeit Ho Chi Minhs zu unterhalten wusste.


Und obwohl wir uns gerade erst kennengelernt hatten, waren wir schnell vertraut miteinander und haben sie sogar zu uns nach Deutschland eingeladen.

Mal schauen - vielleicht kommen sie ja wirklich mal vorbei..






Montag, 1. Juni 2015

HÖHLENFORSCHER

Natürlich ist so eine Bootsfahrt nicht NUR beschaulich...



Ehe man sichs versieht, sitzt man nämlich im Dunkeln. Und das für bis zu lange 123 Meter...



So lang ist nämlich die längste Höhle, durch die man fährt. Da freut man sich dann über jedes noch so kleine Licht.




Und über jedes andere Boot, das auch dort unterwegs ist.


Die Höhlen sind allerdings nicht nur sehr lang...




... sondern auch niedrig ... 



... - SEHR niedrig.
   
   
Und dann sind da auch noch diese unheimlichen Höhlenmenschen: 


Ach nee! Das sind ja nur Tjelle und Ole... :-)