Sonntag, 25. Oktober 2015

FOLGE DEM STERN

Frisch gestärkt setze ich meine Suche fort und mache mich auf den Weg ins Dorf.







Hier treffe ich die Mütter der Fischverkäuferinnen aus dem Hafen und natürlich versuche ich auch bei Ihnen mein Glück. Noch immer erhoffe ich mir einen Hinweis auf das geheimnisvolle Ziel meiner Suche. 

Doch alles, was ich auf meine Fragen ernte, ist ein mildes Lächeln.


Oder ein vielsagendes Schweigen.

  
Ich spüre, wie hinter meinem Rücken getuschelt wird.



Auch bei den Männern des Dorfes bleiben meine Versuche, an mehr Informationen zu kommen, erfolglos. Wie dieser hier geben sie sich erst freundlich, ... 



... und mimen dann den Ahnungslosen.




Oder sie geben von vornherein den nichtwissenden Träumer...


    
So kehre ich dem Dorf etwas frustriert den Rücken ...



... und wandere über die Felder, w
o mir dann aber selbst diese freundliche Bauersfrau nicht weiterhelfen kann - oder will.


  
Schließlich lande ich wieder in der Nähe des Hafens. Und entdecke neben dem Haus dieses Fischers ...



... endlich DAS ZEICHEN, auf das ich so lange gewartet habe:


Wie schon so oft in der Geschichte der Menschheit, weist ein STERN den Weg zum Ziel. 
Ich bin angekommen.



Es sind zunächst nur kleine Zeichen, die mir verraten, dass ich auf der richtigen Spur bin...,


    

... aber als ich dieser Frau folge, weiß ich, dass sie mich an das Ziel meiner Suche führen wird:




Mitten ins Herz - der Fischsoßenfabrik.



Und hier erfahre ich endlich, wie diese omnipräsente Zutat der vietnamesischen Feinschmeckercuisine  hergestellt wird:

Zuerst werden alle Fische eines Fangs - man ist da nicht sehr wählerisch - mit viel Salz in ein Fass gefüllt. Und für einige Monate sich selbst überlassen.




Irgendwann wird dann das Fass geöffnet und der aromatische Inhalt in ein hochmodernes Filteranlagensystem wie dieses gefüllt.

Durch eine hochkomplexe Zellstoffmembran tröpfelt die fermentierte Fisch-Salz-Mischung in ergonomisch geformte Auffangvorrichtungen. Könnte man auf den ersten Blick irrtümlich für Eimer halten.



Während die Rückstände häufig noch Verwendung als Hühnerfutter oder Dünger für die Reisfelder finden...

   


... verfeinert die Fischsoße selbst - in Plastikflaschen gefüllt und landesweit vertrieben  - schon bald aufs Köstlichste Speisen aller Art.
   
Und wie immer ist man im Nachhinein klüger als zuvor: 

Während der ganzen Suche hätte ich eigentlich immer nur meiner Nase folgen müssen. Die Fischsoße riecht nämlich genauso intensiv (lecker) wie sie aussieht...







Samstag, 17. Oktober 2015

AUF DER SUCHE

Als es dem Bootsführer beim siebten Versuch endlich gelingt, den alten Motor zu starten, sind wir in eine dichte Dieselwolke gehüllt.

Es ist fünf Uhr morgens, ich sitze mit ein paar Fischerinnen auf einem alten Holzkahn und während die Frauen den ersten Tratsch des Tages austauschen,...



  
... genieße ich die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne.





Heute bin ich losgezogen, um eines der letzten großen Geheimnisse dieses Landes zu erkunden: das der Fischsoße.

Im Vietnamesischen "Nuoc Mam" genannt, wird sie uns Ausländern meist als "Fiss Soss" präsentiert.

In einem kleinen Schälchen, mit etwas Knoblauch und Chili verfeinert, reicht man sie zu so ziemlich jedem erdenklichen Gericht. 

Mit Ausnahme der Süßspeisen vielleicht. Allerdings könnte ich schwören, dass bereits bei der Zubereitung des Sojapuddings und der in Zuckerwasser gekochten Kokosnussstreifen und Bohnen der eine oder andere großzügig bemessene Spritzer im Topf landet.

Die beste Fischsoße kommt angeblich von der Insel Phu Quoc im Süden Vietnams, doch so weit muss man gar nicht reisen.


Auch in der Umgebung von Hoi An, meinem erklärten Lieblingsziel, soll es die eine oder andere Fischsoßenfabrik geben. Versteckt natürlich - denn die Herstellungsprozesse sind geheim.

Aus einem mir unerklärlichen Grund fürchten die Vietnamesen nämlich, dass die Ausländer, wenn sie denn hinter die Produktionsgeheimnisse der "Fiss Soss" kämen, ihrerseits sofort überall Fabriken erbauen und versuchen würden, das weltweite Fischsoßenmonopol an sich zu reißen. 
Aus meiner Sicht eine etwas unbegründete Sorge, denn ganz ehrlich: Zu frittierten oder frischen Frühlingsrollen, in Betelnussblätter gewickelten kleinen Hackbällchen und leicht fermentiertem Tintenfisch mag "Nunc Mam" eine hübsche Ergänzung sein - dass sie sich im Land des Schweinebratens und der Rinderroulade durchsetzt, sehe ich erstmal nicht... 

Nach einer etwa zwanzigminütigen Fahrt legt das Boot an einem Steg irgendwo am Ufer des Flusses Thu Bon an.

  



Zahlreiche Fischerboote liegen hier vor Anker.      

      
   
Alle haben die vergangene Nacht auf dem Meer verbracht ...



   
... und werden hier seit den frühen Morgenstunden erwartet. 
     
    


Als die ersten Fischer beginnen, ihren Fang auf kleinen Booten zum Ufer zu bringen, werden sie noch im Wasser von den Marktfrauen umringt. 




An Land gehen die Verteilungskämpfe weiter. 



   
Und wer in Vietnam lebt, weiß, dass es dabei nicht zimperlich zugeht ...


Hat auch der letzte Fisch eine Abnehmerin gefunden, paddelt der Fischer wieder zurück zu seinem Kahn, um die nächste Fuhre zu holen.



Und während an Land die Beute für den Markt sortiert und verpackt wird,...

















... bereiten die Fischer an Bord Ihre Netze für die nächste Tour vor ...


   


... und gönnen sich erstmal eine Zigarette.




In all dem Trubel fällt mir plötzlich eine alte Frau auf. 

Sie beobachtet die anderen Marktfrauen aus vorsichtiger Entfernung. 




Schaut in jedes Boot...







... und bückt sich nach jedem noch so kleinen Fisch, der auf dem Boden liegt, ....




... um ihn dann sorgfältig in ihrer Tüte zu verstauen.


   
Rasch flitze ich zu einer der Händlerinnen, ignoriere ihr verdutztes Gesicht (an westliche Kundschaft muss man sich hier offenbar erst noch gewöhnen) und kaufe ihr einen kleinen Beutel mit Fischen ab. 

Dann laufe ich zu der alten Frau, überreiche ihr (vor lauter Aufregung mit einem kleinen Knicks) die Tüte und verabschiede mich schnell mit einem verlegenen Lächeln.

Ich bemerke, dass eine der älteren Verkäuferinnen mich beobachtet hat. Sie winkt mich zu sich und zeigt dann - fast unmerklich - auf eine kleine Straße, die in den Ort führt.

Sollte das etwa ein Hinweis für meine - fast in Vergessenheit geratene - Suche nach der Fischsoßenfabrik sein?

Ich gehe auf Nummer sicher, und um meine unbekannte Helferin nicht als mögliche Geheimnisverräterin zu entlarven, verzichte ich an dieser Stelle darauf, ihr Gesicht zu zeigen...
   
   
Dann marschiere ich in die gezeigte Richtung und - lege erstmal eine Pause ein. 

So viele Eindrücke machen hungrig. Ich brauche jetzt erstmal ein Ban My. 
Und die sollen hier in Hoi An besonders gut schmecken.