Das weit aufgerissene Maul. Die kross gegrillte Haut. Die spitzen Zähne und der - eben NICHT GERINGELTE - Schwanz.
So sehr ich mir auch wünsche, mich verguckt zu haben, aber - was da vor mir liegt ist definitiv kein Spanferkel. Es ist ein Hund.
Das vietnamesische Pendant zum Bayrischen Stockfisch. Oder zur Ente nach Kanton-Art.
Monatelang
hatte ich gehofft, die Geschichten von Hunde verspeisenden Vietnamesen gehörten zu den Vorurteilen, die man im Westen Vietnam gegenüber
immer noch hegt. Doch nun sehe ich meine schlimmsten Befürchtungen
bestätigt.
Und erinnere mich prompt an eine Begegnung am Straßenrand vor ein paar Wochen.
Dort
hatte ein Mann sein Motorrad abgestellt, und mir war im Vorbeifahren
seine etwas ungewöhnliche Ladung auf dem Gepäckträger aufgefallen:
Ich
hielt an, um einen Schnappschuss mit dem Handy zu machen, und als der
Mann, dem das Motorrad und die (noch) sehr lebendige Fracht gehörten, zu
seinem Fahrzeug zurückkam, machte ich eine fragende Geste mit der Hand
zum Mund. International verständlich als die Frage: „Sind die zum
Essen?“
Und
er gestikulierte - ebenfalls international verständlich - zurück, indem er mich
strahlend anlächelte und energisch den Kopf schüttelte: “Na klar, aber das
werde ich Dir naiver Ausländerin ganz bestimmt nicht auf die Nase
binden!“
Ich
habe mich damals - genau so naiv, wie mein Gesprächspartner mich
einschätzte - täuschen lassen, lächelte ihn an und fuhr erleichtert
weiter.
So befremdlich aber für uns der Gedanke ist, dass jemand den
einzigen echten Freund der Menschen, den Hund, einfach so auf seine
Speisekarte setzt, so nachvollziehbar sind die Gründe, die in Vietnam dazu führten:
Zeiten, in denen die Menschen hier richtig viel zu essen hatten, sind in der Geschichte des Landes eher rar gesät.
Schon
vor dem Vietnamkrieg und schon vor der französischen Kolonialzeit
ernährten sich die meisten Vietnamesen fast ausschließlich von Reis. Und
waren dankbar für alles Proteinhaltige, das sich fand, um diese doch sehr
einseitige Ernährung etwas „aufzupeppen“.
Das
erklärt zum einen die Tatsache, dass die vietnamesische Haltung zu
Seidenraupen in Salat, Babyquallen auf Crackern und Froschschenkeln in
Fünf-Gewürze-Soße deutlich entspannter ist, als unsere.
Das
erklärt aber auch, dass in Zeiten, in denen immer mehr Bauern begannen, neben dem Reisanbau Hühner und Schweine zu züchten, die Enttäuschung einigermaßen groß
war, wenn die Aufseher der Regierung kamen und den gesamten Tierbestand beschlagnahmten, um damit z.B. die Armee zu versorgen.
Oder - fast noch wichtiger - diejenigen, die die Armee befehligten.
Oder - fast noch wichtiger - diejenigen, die die Armee befehligten.
Alle Tiere wurden akribisch erfasst und im Angesicht drakonischer Strafen bei „Unterschlagung“ eines Tieres, kam es recht selten vor, dass die Bauern, die die Tiere züchteten, sie auch selbst aßen.
Nun
ist aber das Wort „Bauernschläue“, das wir auch in Deutschland gerne
verwenden, vietnamesischen Ursprungs und so ist es wenig verwunderlich,
dass die Bauern irgendwann feststellten, dass die Tierbeschlagnahmer
zwar Hühner und Schweine akribisch zählten, den zahlreichen Hunden, die
es auf den Höfen gab, jedoch wenig Beachtung schenkten.
Irgendwann
war es dann soweit. Ein Bauer, vermutlich namens Ngyuen, wagte es und
schlachtete einen seiner Hunde. Kross gegrillt und serviert mit der
obligatorischen Fischsoße, dazu ein wenig mehr Schnaps als üblich und
siehe da - vielleicht etwas zäh und streng im Geschmack - aber: essbar.
Und dazu proteinreich!
Herr
Ngyuen fand zahlreiche Nachahmer und irgendwann kamen auch die Städter auf den Geschmack und außerhalb von
Hanoi entstand eine ganze Straße, an der sich ein Hunderestaurant an das andere
reihte.
Mittlerweile
gerät dieser Trend jedoch außer Mode. Immer mehr Vietnamesen - zumindest
in der Stadt - können sich Alternativen zum echten „Hot Dog“
leisten und so findet man zwar auf manchen Märkten noch Stände wie
diesen - aber es werden weniger…
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