Angespannt sitze ich vor dem Computer. Die Webseite der Schule erscheint auf dem Bildschirm. Jetzt heißt es nicht nur schnell zu sein, sondern DIE SCHNELLSTE, denn es gilt das Prinzip "first come - first serve".
Schnell ins System eingeloggt und dann so rasch wie möglich die Wunschliste der Kinder eingegeben. Basketball für Lotta - heißbegehrt - gleich als Erstwunsch. Schnell zu Luis' Seite gewechselt und für ihn Judo klargemacht. Danach schnell noch der Bastelkurs und für den Fall, das dieser schon voll ist, noch den Kinder-Computerkurs. Wieder zurück zu Lotta und schnell die Anmeldung fürs Schwimmteam, da können wir uns Zeit lassen, weil nur wenige Viertklässler schon im Schwimmteam sind...
(Richtig gelesen - hier schwingt eine ganz gehörige Portion Mutterstolz mit!)
Immer wieder hängt sich das Programm auf, ich muss das System neu starten. Die zuvor gemachten Eingaben verschwinden und in den Anmeldefeldern erscheinen mehr und mehr Namen von anderen Kindern, deren Platz schon gesichert ist.
Der Puls rast, von unten tönt Lärm, aber ich darf jetzt nicht aufgeben!
Endlich - nach einer gefühlten Ewigkeit ist es geschafft!!!
Freudestrahlend hüpfe ich die vier Etagen bis zur Küche runter und verkünde, dass "die Nachmittage dank Mama mal wieder gerettet sind!"
Warum das Ganze?
Die UNIS Hanoi ist eine Ganztagsschule. Kindergarten, Grundschule und Oberstufe - für alle Schüler endet der Unterricht am frühen Nachmittag.
Da bliebe eigentlich noch reichlich Zeit für ein paar schöne Freizeitaktivitäten, allein: das Angebot in Hanoi ist nicht ganz so großzügig wie wir das aus deutschen Städten kennen.
Wenige Vereine und wenn dann welche, in denen ausschließlich vietnamesisch gesprochen wird. Keine Spielplätze. Stattdessen dieser unglaublich chaotische (und vor allem für Fußgänger) gefährliche Straßenverkehr, der es den Kinder schwierig bis unmöglich macht, mal alleine irgendwohin zu gehen.
Und so bietet die UNIS selbst "ASAs - After School Activities" in Hülle und Fülle an.
Einziger Haken: Die Plätze in einigen der Sport-/Kunst-/Musikgruppen sind heiß begehrt und es findet alle paar Wochen eine neue Anmelderunde statt.
Das hat für die Kinder den Vorteil, dass sie neue Hobbies einfach mal für ein paar Wochen ausprobieren und danach etwas neues beginnen können. Wenn sie sich dann aber für eine Aktivität wirklich begeistern, wächst der Druck auf die Mütter, die Plätze für den Lieblingskurs auch in der nächsten Runde wieder zu ergattern.
Für die Mütter lohnt sich der morgendliche Stress jedoch, denn so können die Kinder gleich nach dem Unterricht ihren Hobbies nachgehen - zusammen mit ihren Schulfreunden. Und im Anschluss an die Activities werden die Kinder wie sonst auch mit einem Schulbus wie gewohnt bis vor die Haustür gebracht.
Hanoi - unerfahrene Menschen könnten jetzt auf die verrückte Idee kommen zu fragen, warum um Himmels willen die Kinder nicht einfach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause kommen, sondern solch ein privater Service in Anspruch genommen werden muss.
Auch diese Frage ist schnell beantwortet:
Anders als in Argentinien ist das nicht der Angst vor Entführungen geschuldet, nein - weit weniger spektakulär:
Das öffentliche Nahverkehrssystem in Hanoi ist dem europäischen eher "unähnlich".
Ganz offensichtlich werden funktionierende Bremsen, verbindliche Abfahrtszeiten und "ein Führerschein als unabdingbare Einstellungsvoraussetzung für einen Busfahrer" in Europa schlichtweg überbewertet.
Um solche Details macht man in Vietnam nicht viel Aufsehens - es geht auch ohne!
In der Konsequenz sind die städtischen Busse nur hartgesottenen Erwachsenen zuzumuten, Kinder möchte man davor bewahren.
Ein Segen also, dass es die "ASAs" gibt!
Wäre da nur nicht dieses unzuverlässige Registrierungsprogramm namens: I.S.I.S.
Ja, richtig gelesen.
Das haben schon einige Mütter zum Teufel gewünscht und als kürzlich sogar der amerikanische Präsident verkündete "ISIS müsse endgültig vernichtet werden!", da fiel mehr als einer UNIS-Mutti ein Stein vom Herzen!
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