Dienstag, 26. August 2014

WER HAT DIE SCHÖNSTE IM GANZEN LAND?

Es ist natürlich albern.

Bei all dem Lernstress, dem unsere Kinder in der Schule ausgesetzt sind, muss man das Konkurrenzdenken nicht noch mit kindischen Wettbewerben zusätzlich befeuern. 

Und aus diesem Grund findet der Contest "Wer hat die schönste Schultüte in ganz Vietnam?" im Verborgenen statt. Um genauer zu sein: ganz privat in unseren vier Wänden. 

Das Thema - sowohl für das Design der Tüte als auch für den Inhalt - war klar vorgegeben: Lego Chima. 

Einziges Problem: Kaufhäuser mit Schultüten-Fachabteilungen sind in Hanoi eher rar gesät und die praktischen "do it yourself - Sets" zum Selberbasteln gibt es hier auch nicht.

Also: rein ins Internet, Lego Chima Bilder gesucht und farbig ausgedruckt. Dann rauf auf den Dachboden und nach alten Plakaten gesucht, aus denen man eine stabile Tüte drehen kann.

Schließlich alles mit einer großen Menge Leim zusammengeklebt und mit unzähligen Legopäckchen, Schreibmäppchen, Naschkram und sonstigen Erstklässler-Accessoires gefüllt.

Zum Schluss noch eine Miniaturausgabe für die große Schwester gezaubert und alles zusammen mit dem ultimativen "Erster-Schultag-Kuchen" auf dem Esstisch arrangiert.




Am nächsten Morgen dann die Entscheidung. Zunächst sprachloses Schweigen bei der Jury.




Dann eine Umarmung, die mehr sagt als tausend Worte, und die Frage: "Haben die anderen Kinder auch eine Mom, die sie so sehr liebt, dass sie ihnen so eine Tüte bastelt?  Oder bin ich der einzige in Grade 1?"
Das entlockt der schulerfahrenen großen Schwester natürlich nur ein mildes Lächeln, aber auch sie kann ihre Freude über den süßen Start ins neue Schuljahr nur schlecht verbergen.

Und während ich mir noch die Tränen der Rührung wegwische, naschen die Kinder schnell noch ein Stück vom Kuchen. 

Es folgt ein wunderbar entspannter Abschied am Schulbus:

"Luis, alles klar? Bereit für den ersten Schultag?"

"Klar Mom, bis heute Nachmittag..."



In die Schule mitnehmen konnte er die Tüte dann leider nicht. Das habe ich ihm verboten. Es regnete, sie hätte nass werden können.

Und sollte jetzt irgendjemand meinen, "das wäre aber doch nicht so schlimm gewesen", dann möchte ich ihn an dieser Stelle dringend bitten, seine Einstellung zu Kunstobjekten zu überdenken.

Eine mit so viel Liebe und solch einem Aufwand gebastelte Schultüte dem Regen aussetzen? Da könnte man ja gleich die Mona Lisa zur Ice Bucket Challenge nominieren....





Montag, 18. August 2014

DA WIRD DOCH DER HUND IN DER PFANNE VERRÜCKT

Als ich zum ersten Mal einen sehe, will ich es nicht glauben. Schaue noch einmal genau hin: 
Das weit aufgerissene Maul. Die kross gegrillte Haut. Die spitzen Zähne und der - eben NICHT GERINGELTE - Schwanz.


So sehr ich mir auch wünsche, mich verguckt zu haben, aber - was da vor mir liegt ist definitiv kein Spanferkel. Es ist ein Hund.




Das vietnamesische Pendant zum Bayrischen Stockfisch. Oder zur Ente nach Kanton-Art.

Monatelang hatte ich gehofft, die Geschichten von Hunde verspeisenden Vietnamesen gehörten zu den Vorurteilen, die man im Westen Vietnam gegenüber immer noch hegt. Doch nun sehe ich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. 

Und erinnere mich prompt an eine Begegnung am Straßenrand vor ein paar Wochen.
Dort hatte ein Mann sein Motorrad abgestellt, und mir war im Vorbeifahren seine etwas ungewöhnliche Ladung auf dem Gepäckträger aufgefallen: 

Ich hielt an, um einen Schnappschuss mit dem Handy zu machen, und als der Mann, dem das Motorrad und die (noch) sehr lebendige Fracht  gehörten, zu seinem Fahrzeug zurückkam, machte ich eine fragende Geste mit der Hand zum Mund. International verständlich als die Frage: „Sind die zum Essen?“ 

Und er gestikulierte - ebenfalls international verständlich -  zurück, indem er mich strahlend anlächelte und energisch den Kopf schüttelte: “Na klar, aber das werde ich Dir naiver Ausländerin ganz bestimmt nicht auf die Nase binden!“

Ich habe mich damals - genau so naiv, wie mein Gesprächspartner mich einschätzte -  täuschen lassen, lächelte ihn an und fuhr erleichtert weiter.

So befremdlich aber für uns der Gedanke ist, dass jemand den einzigen echten Freund der Menschen, den Hund, einfach so auf seine Speisekarte setzt, so nachvollziehbar sind die Gründe, die in Vietnam dazu führten:

Zeiten, in denen die Menschen hier richtig viel zu essen hatten, sind in der Geschichte des Landes eher rar gesät.

Schon vor dem Vietnamkrieg und schon vor der französischen Kolonialzeit ernährten sich die meisten Vietnamesen fast ausschließlich von Reis. Und waren dankbar für alles Proteinhaltige, das sich fand, um diese doch sehr einseitige Ernährung etwas „aufzupeppen“.

Das erklärt zum einen die Tatsache, dass die vietnamesische Haltung zu Seidenraupen in Salat, Babyquallen auf Crackern und Froschschenkeln in Fünf-Gewürze-Soße deutlich entspannter ist, als unsere. 


Das erklärt aber auch, dass in Zeiten, in denen immer mehr Bauern begannen, neben dem Reisanbau Hühner und Schweine zu züchten, die Enttäuschung einigermaßen groß war, wenn die Aufseher der Regierung kamen und den gesamten Tierbestand beschlagnahmten, um damit z.B. die Armee zu versorgen. 
Oder - fast noch wichtiger - diejenigen, die die Armee befehligten.

Alle Tiere wurden akribisch erfasst und im Angesicht drakonischer Strafen bei „Unterschlagung“ eines Tieres, kam es recht selten vor, dass die Bauern, die die Tiere züchteten, sie auch selbst aßen.

Nun ist aber das Wort „Bauernschläue“, das wir auch in Deutschland gerne verwenden, vietnamesischen Ursprungs und so ist es wenig verwunderlich, dass die Bauern irgendwann feststellten, dass die Tierbeschlagnahmer zwar Hühner und Schweine akribisch zählten, den zahlreichen Hunden, die es auf den Höfen gab, jedoch wenig Beachtung schenkten.

Irgendwann war es dann soweit. Ein Bauer, vermutlich namens Ngyuen, wagte es und schlachtete einen seiner Hunde. Kross gegrillt und serviert mit der obligatorischen Fischsoße, dazu ein wenig mehr Schnaps als üblich und siehe da - vielleicht etwas zäh und streng im Geschmack - aber: essbar. Und dazu proteinreich!

Herr Ngyuen fand zahlreiche Nachahmer und irgendwann kamen auch die Städter auf den Geschmack und außerhalb von Hanoi entstand eine ganze Straße, an der sich ein Hunderestaurant an das andere reihte.

Mittlerweile gerät dieser Trend jedoch außer Mode. Immer mehr Vietnamesen - zumindest in der Stadt - können sich Alternativen zum echten „Hot Dog“ leisten und so findet man zwar auf manchen Märkten noch Stände wie diesen - aber es werden weniger…


Samstag, 16. August 2014

IRREN IST WEIBLICH


Es soll ja Leute geben, die haben vor einem Jahr -  kurz nach ihrer Ankunft in Hanoi - behauptet, man könne diese Stadt unmöglich in Fotos "erfassen".

Wenn ich aber nach diesen ersten 12 Monaten in Vietnam Bilanz ziehe, stelle ich fest, dass es eben doch geht.

Fotos allein reichten nicht immer. Hin und wieder kamen auch ein paar Worte dazu. Und weil ich nunmal nicht anders kann, waren es manchmal ganz schön viele Worte...

In einem anderen Punkt allerdings hatte ich recht: Der Name dieses Blogs ist Programm. Wir sind wirklich "HAPPY IN HANOI".

An machen Tagen kann man dieses Gefühl sogar in ein Foto packen:



Und wer JETZT immer noch nicht die Gelegenheit beim Schopf ergreift und uns besuchen kommt - der ist wirklich selber schuld...