Samstag, 28. September 2013

FEUER UND FLAMME

Unglaublich, aber wahr: die drei Torten von Freitag fanden am Samstag noch einmal eine Steigerung, und zwar in der ultimativen

"Prinzessin-Lillifee-Feuerwerkstorte":


Und ja - wie der aufmerksame Beobachter feststellt: das Streichholz rechts unten im Bild war noch nicht richtig aus - so dass die Serviette Feuer fing. Und noch einmal ja - es handelte sich NICHT um eine der herkömmlichen "Disney-Rapunzel neu verföhnt-Servietten" aus feuerabweisendem Material, sondern um eine aus Papier - sie brannte sofort.

Der Vorfall verlieh der eigentlich als schlichten "Kuchenpause" geplanten Unterbrechung von Lottas Kindergeburtstag allerdings ein gewisses Mehr an Dramatik und wurde von den anwesenden jungen Damen mit entzückten Schreien kommentiert.

Felix hatte als "furchtloser Bezwinger der Höllenflammen" einen grandiosen Auftritt und die Väter der Mädchen werden zukünftig Mühe haben, als kühne Helden vor ihren Töchtern zu bestehen.

Die zahlreichen Feuerlöscher, die wir erst vor ein paar Tagen bei der Metro gekauft und im ganzen Haus verteilt haben, kamen nicht zum Einsatz. Trotzdem sind wir froh, dass wir sie haben.

Selbstverständlich gibt es in Hanoi eine Feuerwehr. Und natürlich ruft man dort an, wenn es brennt.

Damit hat es sich dann aber auch. Die europäische - nach hiesiger Ansicht vollkommen überzogene - Erwartungshaltung, dass die Feuerwehr nach erfolgtem Notruf 

a) zügig kommt
b) Schutzkleidung trägt
c) dann auch noch Löschmittel mitbringt

hält man hier für vollkommen überzogen.

Dass dem so ist, vermuten wir nicht. Wir wissen es. Carlottas Schulfreundin wohnt wie wir im Stadtteil Tay Ho. Vor zwei Wochen schlugen aus einem der an der Wand hängenden Klimageräte plötzlich Flammen und es entwickelte sich in kürzester Zeit eine ernorme Menge Ruß.

Die vom Vermieter aufgestellten Feuerlöscher waren allesamt leer. Die von den Nachbarn informierte Feuerwehr kam nach sage und schreibe 40 Minuten. Obwohl - hier schwächelt die Geschichte etwas: mir ist noch nicht ganz klar, woher die Mutter der Freundin überhaupt wissen will, dass das Feuerwehrleute waren, denn: Schutzkleidung und Löschmittel - Fehlanzeige.

Vielleicht waren das nur Schaulustige? Das hieße, die ECHTE vietnamesische Feuerwehr "hätte ja Schutzkleidung und einen Wasserschlach gehabt!?" Sie kommt lediglich nicht, wenn man sie ruft.

Und nein! Die Klimaanlage war nicht angeschaltet, als sie anfing zu brennen. Es war also kein "Überhitzungsproblem nach übertrieben langer Laufzeit". Und darum geht es hier auch gar nicht.




Freitag, 27. September 2013

ALLE NEUNE

Lottas 9. Geburtstag! Ich gebe es zu: die Versuchung ist groß, in einer der schicken kleinen Konditoreien in Hanoi einfach etwas zu bestellen, aber wir hätte ich dann Olivia (der Mutter aller Geburtstagstorten) im nächsten Heimaturlaub unter die Augen treten können? Gar nicht. 

Also wird selbst gebacken. Und das immer wieder überraschend abwechslungsreiche Sortiment im L's-Supermarkt (besser: "Märktchen") ermöglicht sogar eine nette Deko.


Das sind die Ergebnisse: 

1. Nussfreie, lactoserarme und kalorienreduzierte Muffinstörtchen für Lottas Klasse





2. (mit Rücksicht auf zartbesaitete Gemüter: Beinlose) 
"Schokoflockina-Spinne" für das Geburtstagsfrühstück



Ja, ganz richtig, ich habe hier das tiefgreifende Spinnentrauma verarbeitet, indem ich die niedlichen Kulleraugen der Spinne nachbildete, die haarigen Beine aber einfach wegließ. Für die gefährlichen Fangzähne hatte ich dann leider nicht mehr genug Schokoladenguss...

 


3. Mangotorte
Gezaubert von Tam - unserer Lieblingsvietnamesin :-)  Die gibt es heute abend zum Nachtisch, beim Geburtstags-Grillfest mit der Adams Family




Na, glaubt immer noch jemand, ich könnte mich hier "so ganz ohne Amt" nicht sinnvoll beschäftigen?

to be continued ...




Mittwoch, 25. September 2013

ABENDS IM PARK

Die Wohnverhältnisse in unserer Gasse mögen recht unterschiedlich sein - bei der Freizeitgestaltung erkenne ich jedoch eindeutige Parallelen. Genau wie wir verbringen auch "die von gegenüber" ihre Abende gerne vor dem Fernseher...


Und vor dem hatten wir es uns gerade gemütlich gemacht, als von "unserem Park" laute Musik und Trommelwirbel herüberschall.

Laute Musik hören wir sonst eigentlich immer nur Sonntag abends - dann wird auf dem Platz vor dem Park nämlich eine mobile Karaokebühne aufgebaut und das halbe Viertel gibt dort vietnamesische Klassiker und aktuelle Popsongs zum Besten. Wir drehen dann meist den Fernseher etwas lauter und versuchen, den Gesang zu übertönen. Nicht etwa, weil die dort inbrünstig singenden Amateure schlecht wären - wir sind wohl einfach noch nicht so weit...

Nachdem Philipp eine ersten Erkundungsrunde gemacht hatte und zu Hause begeistert erzählte, machten wir zwei anschließend noch einen gemeinsamen kleinen Rundgang.

Auf der Straße, die am See entlang führt, reihte sich ein Moped ans andere... Halb Hanoi schien an diesem Abend "um den West Lake zu cruisen".


Im Park daneben herrschte eine ganz unglaubliche Stimmung: 




Auf den Rasenflächen saßen dicht an dicht Vietnamesen im Kreise ihrer Familien oder ihrer Freunde und picknickten. Alle hatten wunderschöne Lampions neben ihren Decken, die den Park in ein zauberhaftes Licht tauchten. 

Natürlich gab es auch etwas für die Kinder:


Und für die Kind gebliebenen Erwachsenen:




Auf einen Schlummertrunk - Zuckerrohrsaft, direkt an der Straße frisch gepresst - verzichteten Philipp und ich dann schweren Herzens...



...obwohl die provisorische Bar auf dem Gehweg wirklich einladend aussah:


+


















Dienstag, 24. September 2013

IST DA JEMAND?

Würde sich dieser Blogbeitrag auf den Wahlausgang und das Abschneiden der FDP beziehen, müsste es wohl eher heißen: WAR DA JEMAND? - hier geht es aber lediglich um den Wahlabend hier in Hanoi und wie wir ihn erlebten...

Die Botschaft veranstaltete am Sonntag eine Wahlparty im Goethe Institut, zu der die deutsche Community eingeladen war und zu der ein Teil davon auch tatsächlich erschien. Und das trotz der fortgeschrittenen Stunde: durch die fünf Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland begann die Veranstaltung erst um 22.00 Uhr - für hiesige Verhältnisse eine geradezu unchristliche Zeit. Mit den ersten Hochrechnungen rechnete man erst weit nach Mitternacht...

Wir hatten es uns mit den erwachsenen Mitgliedern der Adam's Familie gerade im Taxi bequem gemacht, als Annelie uns mit den neuesten Klatsch aus Tay Ho versorgte: "Bei Penelope haben sie eingebrochen. Und bei einer Freundin von ihr auch." "Wo wohnen die denn?" fragte ich und hoffte insgeheim, dass die Antwort Ciputra oder Hoan Kiem District lauten würde, also ganz weit weg von unserem Bezirk. "Da hinten in der To Ngoc Van", lautete leider die enttäuschende Antwort. Enttäuschend deswegen, weil das bei uns "um die Ecke" ist...

Doch Annelie - wie immer bestens informiert - wusste noch mehr zu berichten: "Die Kinder von Penelope waren alleine zu Hause, als die Einbrecher kamen. Als die älteste Tochter sie entdeckte, erschreckte sich die Arme zu Tode, aber zum Glück flüchteten die Typen gleich. Das Mädchen rief sofort ihre Mutter an, die natürlich gleich nach Hause raste und auf dem Heimweg die - gefühlt - längste Taxifahrt ihres Lebens durchlitt."

"Um wieviel Uhr sind die denn gekommen?" wagte ich nachzufragen. Und fügte erneut hoffnungsvoll hinzu:"Spät nachts?" Doch wieder war Annelie erbarmungslos ehrlich:"So gegen 10, hat Penelope gesagt! Sie war ja gerade erst auf der Party angekommen, als ihre Tochter anrief..."

Felix und ich blickten erst auf unsere Uhren und dann einander etwas ratlos an. Es war kurz vor 10.

Mit einem letzten Rest Selbstbeherschung schaffte ich es, ruhig sitzenzubleiben und den Taxifahrer nicht umgehend vom Fahrersitz zu schubsen, um den Wagen selbst zurück zu unserem Haus zu steuern.

"Willst Du jetzt gleich wieder zurück?" fragte Felix leise. "Weiß nicht", murmelte ich unentschlossen.
 "Erstens kommt bei uns gar keiner rein", versuchte Felix mich zu beruhigen. "Und außerdem: Philipp ist doch da. Der bekommt das doch mit, wenn jemand ins Haus kommt und weiß dann, wie man sich verhalten muss. Abgesehen davon, dass bei uns gar keiner rein kommt...!"  
Da ging es mir natürlich gleich besser.

Wir hatten das Goethe Institut noch nicht betreten, da versuchte ich schon, Philipp anzurufen, "nur um mal hören, wie die Stimmung zu Hause so war...und überhaupt."

Felix sorgte sich:"Jetzt mach' ihm bloss keine Angst", aber diese Sorge war gänzlich unbegründet: Philipps Prepaidcard war leer. Ich konnte ihn also gar nicht erreichen und schon gar nicht beunruhigen. Er uns allerdings auch nicht. Weder erreichen noch beruhigen...

Natürlich gab ich nicht sofort auf. Stattdessen schöpfte ich alle Social Media Kanäle aus, die mir bekannt waren: What's app, Facebook, Mail, SMS - ich versuchte es auf allen Kanälen. Vergeblich.

Irgendwann kam dann von Felix die erlösende Nachricht: er habe Philipp erreicht - zu Hause sei alles in ruhig.

Das war natürlich nur bedingt beruhigend, denn Einbrecher sind ja nun gerade nicht berühmt dafür, besonders viel Lärm zu machen...

Wir schleppten uns also tapfer durch die Veranstaltung, nahmen das Ergebnis recht gleichgültig zur Kenntnis und waren uns nach der ersten Hochrechnung einig: "Wir können jetzt eigentlich auch nach Hause fahren. Passiert ja eh nichts mehr, hier..." 

"Außerdem kriegen wir sonst kein Taxi mehr", fügte Felix noch hinzu, weil er wohl mehr als ich bemüht war, den Anschein zu erwecken, es habe selbstverständlich nicht absurden Ängsten geschuldet, dass wir schon wieder den Heimweg antreten wollten. 

Noch weniger überraschend als der Wahlausgang war dann Annelies Reaktion: "Ich fahre mit. HIER passiert ja eh nichts mehr!" rief sie gleich und ich fügte in Gedanken hinzu: "... und Zuhause hoffentlich auch nicht...."

So sprangen wir drei ins nächste Taxi, flitzten zurück nach Tay Ho und erreichten - nach einer gefühlten Ewigkeit - unser Zuhause. 
Wo wir erleichtert feststellten, dass die Eingangstür keinerlei Einbruchsspuren aufwies.

Beschwingt schlossen wir auf und marschierten erstmal - vor Erleichterung laut kichernd - in die Küche. Darauf erstmal ein Bierchen!

In diesem Moment klingelte Felix Handy. Wir sahen uns verwundert an: Wer um Himmels Willen rief um diese Zeit noch an?
   
Erleichtert vernahm ich - allerdings nicht aus dem Handylautsprecher, sondern aus dem 3. Stock - Philipps Stimme:

"Ich bins. Ich wollte nur nochmal kurz Bescheid sagen, dass hier alles ruhig ist..." 

Na dann...


Montag, 23. September 2013

JA HAM WIR DENN SCHO WEIHNACHTEN?



Heute war Lehrersprechtag. Termine bei Lottas und Luis' Klassenlehrern standen an, dazu noch Treffen mit den Sprachlehrern. Bei ihnen haben die beiden zusätzlichen Englischunterricht mit den anderen "Incoming Students" und versuchen, so schnell wie möglich so aufzuholen, dass sie dem normalen Unterricht in englischer Sprache folgen können.

Zuerst fragt Mr. David, Lottas Englischlehrer, wie es Lotta denn so in Hanoi gefallen. "Ganz ehrlich?" frage ich zurück. "Lotta möchte zurück nach Berlin. Zu Luisa. Zu ihren anderen Freundinnen. Zu ihrer alten Klasse. Auf ihre alte deutsch-spanische Schule." (Dass letzteres im Hinblick auf das grauenhafte Schulessen in Berlin ein Beweis dafür ist, dass Lotta durchaus bereit ist, große Opfer zu bringen, führe ich erstmal nicht weiter aus.) "Lotta möchte nicht hier sein. Sie ist noch nicht richtig angekommen in Hanoi und sie ist oft traurig und hat Heimweh."

Mr. David schaut noch einmal in seine Unterlagen, fragt nach - "Are we talking about the same girl?" und zeigt mir schließlich, was er sich zu Lotta notiert hat:

  • She is focused, she is always very very present and active. 
  • She is happy and incredebly motivated to learn English. 
  • She is a real risktaker and tries to explain things, even if there are still words missing in her vocabulary.
  • She likes to make fun with the other kids.
  • Whenever he explains something she will compare the English grammar to German or Spanish.
  • She clearly has a talent for languages and learns them easily.
  • He is a language teacher for more than 20 years now and if there is one thing he is sure about: Carlotta will speak English very very well.

Dann zeigt er mir ein Video, auf dem Lotta mit den anderen Kindern herumalbert und schließlich auch noch Lottas letzte Schulaufgabe, für die sie - aber das weiß sie selbst noch nicht - einen GOLDEN STAR - Stempel bekommt, das ist die höchste, nur sehr selten vergebene Auszeichnung, die Mr. Carter an die Schüler verteilt, wenn sie etwas wirklich richtig richtig toll gemacht haben.

Ich solle mir keine Sorgen machen, Lotta fühle sich offenbar sehr wohl in der Schule und das wird ihr helfen, das Heimweh besser zu verwinden.

Leicht schwebend - vor Erleichterung und ein wenig natürlich auch vor mütterlichem Stolz - verabschiede ich mich und höre kurz danach von Lottas nettem Klassenlehrer Mr. Stuart die gleichen guten Neuigkeiten. 

Luis' Lehrerin Mrs. Cathie ist es offenbar ein besonders großes Anliegen, mir zu verdeutlichen, dass Luis nach der zugegebenermaßen etwas schwierigen Eingewöhnungszeit, nun ein fröhlicher kleiner Schüler ist. Auch er sei ein echter "risktaker" und mittlerweile sogar manchmal etwas schelmisch - "but in a very positive way!" - wohlgemerkt und schließlich meint sie, statt vieler Worte wolle sie mir einfach etwas vorführen - kleine Filmchen, die sie in den letzten Tagen von Luis gemacht hat.

Ich bekomme Luis zu sehen, wie er nach Toby Bears Übernachtung bei uns stolz den anderen Kindern im "morning circle" davon erzählt. Dann sehe ich Luis lächelnd mit Fadela malen und konzentriert mit Zuriya am Computer Matheaufgaben lösen. Und schließlich Luis in Badhose, wie er mit vier kleinen Mädels auf dem Turngerüst klettert, einer nach dem anderen auf den Po haut und sich alle fünf dabei kapputtlachen. 

"Da hatten sie sich bereits für den Schwimmunterricht umgezogen und es blieb noch eine Viertelstunde, bevor sie zur Schwimmhalle gehen mussten. Also waren die Kinder noch schnell auf dem Spielplatz", erklärt Mrs. Cathie mir. 

Glücklicherweise muss ich sagen, denn dass die Kinder wegen der Hitze alle in Badekleidung waren, hatte mich nicht gewundert. Dass aber eines der Mädchen auf dem Klettergerüst eine Badekappe und eine Schwimmbrille trug, hatte mich leicht irritiert.

"Es sei wirklich ganz unglaublich, wie schnell Luis sich gefangen habe", meint Mrs. Cathie. "Wenn etwas Unerwartetes passiert, mache ihn das zwar immer noch etwas nervös und unsicher." Das fröhliche Lachen unseres Sohnes auf dem letzten Filmchen aber zeigt: auch Luis ist auf dem besten Wege "anzukommen".

Und so fühle ich mich auf dem Heimweg dann auch ein bisschen wie nach der Weihnachtsbescherung: reich beschenkt, durch die Schilderungen und Bilder von zwei glücklichen Kindern, die offenbar auf dem besten Wege sind, sich hier in Hanoi einzuleben und Freunde zu finden.




Mittwoch, 18. September 2013

SATISFAKTION

Es ist Sonntagmorgen. Endlich mal ein Tag ohne Schule, ohne Tennis- oder Schwimmtraining, ohne auszupackende Umzugskartons.

Alle können ausschlafen und Felix und ich radeln nach dem Aufstehen gemeinsam zum Bäcker, um danach "so richtig schön mit der Familie zu frühstücken". Wer hätte gedacht, dass nach diesem Frühstück nichts mehr sein würde wie zuvor...?

Luis hat Unmengen ofenfrischer Minimuffins gegessen, so sehen nun auch Mund und Hände aus und er wird ins Bad geschickt, um sich zu waschen. In den vergangenen Tagen ist mir klar geworden, dass mir am "Tag der Spinne" wohl meine Phantasie einen Streich gespielt hat und so haben wir das Gästebad dann doch nicht zugemauert, sondern benutzen es ganz ungezwungen (ich muss sowieso immer nur, wenn ich gerade in einem anderen Stockwerk bin).

Luis öffnet also die Tür zum Gästebad, bleibt stehen und dreht sich zu uns um. "Da ist eine Spinne im Bad", sagt er ruhig.

Da ich das Gefühl kenne, das Gästebad zu betreten und mir einzubilden, ein Rieseninsekt zu sehen, stehe ich sofort auf und gehe zu ihm. "Warte Luis, Mama hilft dir!"


UND DA LIEGT SIE: DIE RIESENSPINNE. 



Tot? Noch nicht ganz. Zwar liegt sie auf dem Rücken, aber noch zucken im Todeskampf ihre Beine. Ihre HAARIGEN BEINE, wohlgemerkt. 

"Stop!" schreie ich. "Nichts anfassen!" Und flitze hoch, um meine Kamera zu holen. 

Felix hilft mit ein paar kräftigen Sprühsalven aus der Insektenspraydose nochmal etwas nach, das Bad versinkt in einer Nebelwolke, aber nun endlich verebben auch die letzten Zuckungen. Mit dem Besenstil dreht Felix das Tier vorsichtig um. "Damit Du besser fotografieren kannst", sagt er kleinlaut. 

Und so erfahre ich nach einigen Tagen doch noch SPÄTE GENUGTUUNG. Ich habe es mir DOCH NICHT eingebildet. Es gibt sie wirklich, die Riesenspinne mit den haarigen Beinen. 



Klar, so im Todeskampf zusammengefaltet, sieht sie nur noch halb so schrecklich und gefährlich aus, aber wenn man genau hinschaut, kann man erahnen, wie lang ihre Beine wohl im lebendigen Zustand aussehen - bzw. aussahen. Vor uns liegt sozusagen die Nadja Auermann* unter den Spinnen.



Auch als der Tod der Spinne zweifelsfrei feststeht, erscheint mir eine Entsorgung im Garten irgendwie nicht sicher genug. Philipp schlägt eine Feuerbestattung vor und da er das Ganze spektakulär mit einer Spühdose inszeniert, scheint mir das ein angemessener Abschluss des Kapitels Riesenspinne. 

Und siehe da: Durch die Hitze zeigt die Spinne dann noch einmal ihre ganze Größe, zumindest auf der einen Körperseite. Locker 10-12 cm, dazu noch die Haare (hier leider bereits versengt) und das ganze in Bewegung. Na - wer will jetzt behaupten, ich hätte "überreagiert"? Meine Familie zumindest nicht. Einer nach dem anderen gesteht, dass DAS tatsächlich ein Grund gewesen wäre, "mal ein bisschen lauter zu schreien"...

Obwohl. Eigentlich hätte ich mir am liebsten tatsächlich alles nur eingebildet...



* deutsches Supermodel;  in den 90er Jahren bekannt als das Model "mit den längsten Beinen der Welt" -  natürlich nicht so haarig wie die der Spinne

 

Dienstag, 17. September 2013

DRAUSSEN VOR DER TÜR

Wie nannte eine Kollegin neulich die kleine Gasse vor unserem Haus? Autobahn? 


Ich gebe zu, morgens und nachmittags - zu den Stoßzeiten, wenn alle ins Büro oder in die Schule flitzen - rauscht es da ganz schön hin und her, aber die baulich vorgegebene Breite, die es unmöglich macht, dass ein Auto und mehr als ein die Luft anhaltender Fußgänger gleichzeitig unterwegs sind, sorgt für eine natürliche Kontrolle des Verkehrs.

Ich hätte erwartet, dass mich das bunte Treiben dort fürchterlich nervt, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sobald die Familie aus dem Haus ist, genieße ich den Straßenlärm, weil er mir das Gefühl gibt, "mittendrin zu sein" in Hanoi...

Sonntag, 15. September 2013

DER SCHREI

Es gibt so einige "Schreie des Entsetzens", die ich nie im Leben vergessen werde.

Der erste ist der auf den Gemälden von Edvard Munch, dem norwegischen Maler, den meisten Menschen vermutlich eher von Postkarten oder IKEA-Postern bekannt. Am Anfang meiner Zeit im Amt lebte ich für elf Monate in Oslo. Nach dieser Zeit konnte ich die klare Aussage der Bilder natürlich viel besser verstehen. Es muss sich zwangsläufig um das Portrait eines Menschen halten, der aus dem Fenster schaut und feststellt, dass der dreimonatige frühlingshafte Sommer schon wieder vorbei ist und der erste Schee fällt -  obwohl es doch erst Ende August ist.
Das Klima im Norden hat es in sich. Kaum hat man Ende Mai die Daunenjacke und die Pudelmütze verstaut, holt man sie Anfang September schon wieder eilig aus dem Schrank, weil der Winter vor der Tür steht.

Der zweite unvergessene Schrei ist der von Janet Leigh unter der Dusche im Film "Psycho". Hierbei ist bemerkenswert, dass man ja eigentlich gar nichts Schlimmes sieht: einen Duschvorhang, ein Messer, eine Brause. Das ganze Grauen spielt sich eigentlich nur in der Phantasie des Zuschauers ab ...

Beim letzten Schrei, der mir unvergessen bleiben wird, wurde leider nichts der Phantasie überlassen.
Es war mein eigener. Vor einigen Tagen. In unserem Gästebad.

Felix und die Kinder waren oben, als ich im Erdgeschoss eigentlich nur noch schnell ein frisches Handtuch im kleinen Bad aufhängen wollte. Ich öffnete die Tür - und schrie!!!

An der gegenüberliegenden Wand huschte eine SCHWARZE, HAARIGE RIESENSPINNE von links nach rechts und verschwand in der für mich nicht einsehbaren Ecke hinter dem WC.
Auch wenn ich in diesem Moment optisch wenig mit Janet Leigh gemeinsam hatte (es war am frühen Vormittag und ich war noch nicht in der Maske) - akkustisch stand ich ihr in keiner Weise nach. Alfred Hitchcock hätte seine helle Freude an mir gehabt und Tippie Hedren die Rolle in "Die Vögel" vergessen können.

Ich war kurz vor einer Ohnmacht, schloss vorsichtig die Tür und wartete.

Nach ca. 10 Minuten kam von oben die Frage: "Is' was?" Ich erklärte den nach und nach die Treppe  herunterschlendernden Familiemitgliedern - natürlich "sachlich und beherrscht"-  dass sich in unserem Gästebad eine monströse Riesenspinne befindet und legte - Alice Schwarzer möge an dieser Stelle mal weghören -nahe, dass sich die männlichen Familienmitglieder dieses Problems annehmen sollten.

Bewaffnet mit Wischmopp, Umzugskarton und Insektenspray wagten sich Felix und Philipp dann auch - langsam vortastend - in die "Höhle der Spinne", während ich ihnen - auf einem Stuhl im Esszimmer stehend - Deckung von hinten gab.

Was folgte, war enttäuschend. "Da ist nichts," stellten die beiden nach einigen Minuten lapidar fest und zogen wieder ab.

Seitdem sind Spott und Hohn meine ständigen Begleiter. Sage ich, ich hätte einen Riesenhunger, folgen umgehend Nachfragen, "ob er denn so riesig wie die Spinne im Bad sei...?" Es wird nicht nur unterstellt, dass die Spinne gar keine Haare hatte, es wird mir sogar suggeriert, dass es sich gar nicht um eine Spinne handelte, sondern vermutlich nur um eine Staubflocke oder maximal einen der süßen kleinen Geckos, der vor lauter Angst schnell entwischte, als er mich sah und für dessen Existenz wir doch dankbar sein müssten, weil er Mücken frisst.

Mittlerweile zweifle ich selbst an dem, was ich gesehen habe. Dabei war ich mir doch so sicher...

Donnerstag, 12. September 2013

LUIS ZUM THEMA GEBURTENKONTROLLE




Gestern kam Luis etwas genervt aus der Schule. 8 Stunden Lernen gehen nicht spurlos an einem vorbei, dafür hatten wir alle Verständnis. Nachdem er uns aber eine Stunde lang mit seiner schlechten Laune tyrannisiert hatte und sich sogar weigerte, beim Backen der Bananenmuffins zu helfen, wurde er nach oben in sein Zimmer geschickt.

Laut stampfend ging er die Treppe hoch, oben angekommen drehte er sich um und motzte laut:

"Dabei bin ich nur auf die Welt gekommen, weil ich dachte, Ihr wärt netter!!!"


Mittwoch, 11. September 2013

BIG BROTHER IS WATCHING YOU


Bereits vor dem Umzug hatte Lotta immer wieder mehr als deutlich gemacht, dass SIE gegen den Umzug nach Vietnam war. 

Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem sie von der Schule nach Hause kam und mich mit dem Vorwurf überraschte: "Mama, offenbar hast DU ja keine Freunde." 

Auf mein stotterndes: "Doch, Lotta, ich habe auch Freunde!" hin, dem ich in Gedanken ein "Ich habe nur viel zu wenig Zeit, sie zu sehen..." hinzufügte, motzte sie dann los:"Ach ja? Und warum willst Du dann hier weg? Ich habe hier nämlich Freunde, ECHTE Freunde: LUISA und Isa und Linda und Aydee und Paula und Pauli und Lou und ....." - es folgte eine lange Auflistung und die Feststellung: "Wenn Du auch Freunde hättest, dann würdest Du auch in Berlin bleiben wollen und nicht nach Vietnam ziehen!"



Es folgte ein etwas kläglicher Versuch meinerseits, ihr Vietnam und das viele Spannende und Neue, das wir dort erleben würden, schmackhaft zu machen, aber ein echter Trost war das nicht. Lediglich der Hinweis, dass wir vielleicht ein Haus mit Swimmingpool finden würden, wurde mit einem gewissen Ineresse zur Kenntnis genommen. Kein Wunder, hatte doch Lotta schon als Dreijährige in unserem Pool in Argentinien (den sie am liebsten nur zum Schlafen verlassen hätte) vermutet: "Vielleicht bin ich ja kein Kind. Vielleicht bin ich ja ein Fisch."

Doch auch dieser vermeintliche Joker verlor schnell seinen Reiz. Wenige Tage später folgte die nächste Attacke. Wieder kam Lotta aus der Schule, wieder motzte sie:"Und selbst wenn wir in Vietnam Millionäre sind - ich will da nicht hin!" Offenbar hatte Lotta in der Schule ebenfalls mit dem Swimmingpool-Joker versucht, ihren von Abschiedsschmerz geplagten Freundinnen ihren Umzug zu erklären und war dabei sofort mit der Frage konfrontiert worden, ob wir in Vietnam etwa Millionäre sein würden. Klare Drittklässler-Logik: Pool = Millionäre. Mein Versuch, Lotta zu erklären, dass es durchaus Millionäre ohne Pool gibt, vor allem aber auch Menschen mit Pool, die keine Millionäre sind, wurde im Keim erstickt. Voller Pathos klang es durchs Kinderzimmer:"Und selbst WENN wir in Vietnam Millionäre würden - ich will lieber hier bei meinen Freunden bleiben. Die sind mir viel wichtiger, als Millionär zu sein!"

Ich weiß gar nicht mehr, was mich in diesem Moment mehr begeisterte: ihr korrekter Gebrauch des Konjunktivs oder die eigene erzieherische Glanzleistung, einer Achtjährigen erfolgreich vermittelt zu haben, dass echte Freunde sich nicht mit Gold aufwiegen lassen.
Getrübt wurde die Begeisterung lediglich durch die Erkenntnis, dass es noch schwerer werden würde als gedacht, Lotta aus ihrem Berliner Umfeld herauszureißen und in Hanoi wieder einzupflanzen...

Dies vorab zur Erklärung, warum wir Lottas 1. Schultag an der UNIS mit gemischten Gefühlen entgegensahen...

Einen Tag vor dem offiziellen Schulbeginn gab es eine Einführungsveranstaltung für die Neuen, hier "incomings" genannt. Viele Reden, viel Selbstdarstellung und viel amerikanische Herzlichkeit. Die Kinder wurden (offenbar geht es dabei nach den Familiennamen) "Häusern" zu geteilt. Kenntlich gemacht wird das durch den jeweiligen Häusern zugeordnete Farben und Tiere, die sich wiederum auf TShirts, Pullis, Taschen und anderen Accessoires wiederfinden. 



Ich frohlockte zunächst, weil dies sowohl Lotta als auch mich selbst sofort an Hogwarts erinnerte. Und auch wenn die modernen Bauten der UNIS, umgeben von Sport- und Tennisplätzen, sonst so gar nichts mit der altehrwürdigen Zaubererschmiede gemeinsam haben - die Zugehörigkeit zu einem Haus müsste Lotta doch irgendwie als etwas ganz ganz tolles Harry-Potter-Mässiges zu verkaufen sein!
Auch hier war leider der Konjunktiv überaus passend... Während Philipp zu den Buffalos, Farbe Blau gehört, gehören Lotta und Luis zu den Eagels, Farbe - ja, schlimmer hätte es kaum kommen können: Slytherin-GRÜN. Mit den Adlern hätten wir uns ja - Yakari, dem kleinen Zeichentrickindianer sei Dank - noch abfinden können. Aber die gleiche Farbe zu tragen wie Lucius Malfoy, Harry Potters fiesestem Widersacher? Langsam wurde es eng. Und langsam hatte auch Lotta "etwas Wasser in den Augen".

Und dann sprangen plötzlich gleich drei Joker aus dem Nichts hervor:

1. der große Bruder auf Zeit
Lotta entdeckte beim Herumspazieren auf dem Schulhof die Fotos der 10tklässler, darunter auch das von Philipp. Da wurde ihr nochmal klar, dass wir ja "vorgesorgt" hatten und extra für sie einen großen Bruder mitgebracht hatten, der sie - egal wie groß die Schule auch ist - immer im Auge behalten würde, so dass sie ja nie ganz alleine in der Schule wäre.



2. Die Klassenlehrer

Carlotta wurde der Klasse von Mr. Stuart aus Schottland und Mrs. An zugeteilt. Zwei echte Schätzchen, herzlich, freundlich und letzterer - dank zweier Jahre an der deutsch-schweizerischen Grenze: mit minimalen Deutschkenntnissen!




3. das "andere" deutsche Mädchen
Ob umsichtige Planung bei der Zusammenstellung der Klassen oder glücklicher Zufall - in Carlottas neuer Klasse gibt es noch ein anderes deutsches Mädchen!


Und Taina ist nicht nur ein Mädchen (wie Lotta) und aus Deutschland (wie Lotta), sie kann auch noch erst ganz wenig englisch sprechen - wie Lotta!

Dass Taina auch noch "um die Ecke wohnt" ist ein weiterer Vorteil, dass sie aber auch noch jede Menge Humor hat, scheint fast zuviel des Glücks ...





Dienstag, 10. September 2013

ALLER ANFANG...IST BÄR

Luis geht in Hanoi auf die internationale Schule UNIS HANOI und ist dort - anders als in Berlin - kein richtiges Kindergartenkind mehr, sondern "fast" schon ein Schulkind.

Eigentlich hatten wir gedacht, dass die Eingewöhnung für ihn am leichtesten sein würde, ein wenig nach dem Motto: "zum Spielen braucht es nicht viele Worte - also auch keine Fremdsprachenkenntnisse", aber da hatten wir das sehr schulische System der amerikanischen Kindergärten nicht bedacht. 
Der Alltag ist streng organisiert, es gibt einen Stundenplan, der festlegt, wann gespielt und wann gelernt wird und letzteres hat dabei bei Weitem den größeren Anteil: Rechnen, Lesen, Schreiben, Englisch für Anfänger, Vietnamesisch, Singen, Sport, Kunst (nicht etwa "Malen und Basteln") und - mein absoluter Favorit: PSEL = Personal Social and Emotional Learning.




Ich pädagogisches Greenhorn hatte natürlich gedacht, dass Sozialkompetenz den Kindern so "en passant" mal ebenso nebenbei nahe gebracht würde. Weit gefehlt: das ist ein richtiges Fach und mit goldenen, schwarzen und grünen Hüten (stehen für die unterschiedlichen Emotionen, die man äußern soll, wenn man den Hut auf hat) und einem ganzen Handpuppenzoo werden hier professionell die kleinen Gutmenschen und Weltenretter von morgen herangezogen.
Ein beruhigender Gedanke.
 
Luis hat die riesige Chance, die ihm hier geboten wird, mangels Lebenserfahrung natürlich nicht gleich erkennen können und war bedeutend skeptischer, als es das erste Mal in die Schule gehen sollte, dennoch gab er sich am ersten Schultag tapfer und wohlgemut.

Dann aber passierte die Sache mit dem Bus. Alle drei Kinder fahren mit einem privaten Schulbus in die UNIS. Das ist nicht nur praktisch, weil wir Eltern so nicht jeden Tag Taxi spielen müssen, sondern auch, weil sie auf diese Weise morgens gleich die Kinder aus der Nachbarschaft treffen, die ebenfalls auf die UNIS gehen.

Voller Vertrauen, dass schon alles gut gehen würde, setzten wir also Luis mit Lotta und Philipp in den Schulbus und voller Mutterliebe stieg ich in ein Taxi und fuhr (auf einer anderen Strecke) gleichzeitig zur Schule, um Luis am Kindergartentor zu erwarten und noch einmal Mut zuzusprechen.

Einziges Problem: er kam nicht. Während alle anderen Kinder aus dem Bus in ihren Klassen angekommen waren, blieb Luis verschwunden. Die nette Busbegleiterin hatte ihn versehentlich in einer falschen Kleinkindergruppe abgegeben und da er nicht erklären konnte, wer er war und die netten Erzieher und Sekretärinnen ihn nicht fragen konnten, in welche Gruppe er gehörte, dauerte es eine halbe Stunde bis wir schließlich zueinanderfanden und uns mitten auf dem Schulhof in den Armen lagen. Sehr tränenreiche 30 Minuten für Luis, sehr unangenehme 30 Minuten für all meine Gesprächspartner in dieser Zeit, denen ich - freundlich aber bestimmt - vorwarf, sie hätten mit ihrer organisatorischen Inkompetenz mein Kind verloren und die allesamt mit Schweiß auf der Stirn überlegten, ob ihre Berufshaftpflicht für den Fall des "Verbummelns eine süßen kleinen blonden blauäugigen Jungen" zahlen würde. 

Nach diesem anfänglichen Schrecken fürchtete ich zunächst, das Thema Schule sei für Luis erst einmal gelaufen. Dazu trug vielleicht auch die Reaktion seiner Erzieherin bei, die lediglich meinte, es sei nun Zeit "groß zu werden", er sei ja nun "kein Kindergartenkind mehr" und "er könne nun mal aufhören zu weinen".

Um hier noch etwas zu retten, musste ein Notfallplan her und der bestand im Wesentlichen aus drei Aktionen: 

1. ICH BLIEB in der ersten Woche ununterbrochen in der Schule. Erst auf dem Schulhof (kein wirkliches Vergnügen bei kanpp 40 Grad und gefühlten 100 % Luftfeuchtigkeit), in Sichtweite zum Fenster von Luis' Gruppe, später in der Schulbibliothek mit gelegentlichen Abstechern auf den Schulhof, zum Kunstunterricht oder zum Englischunterricht.

2. ICH MALTE jeden Abend einen Stunden-Tagesplan für Luis, damit er auch ohne Sprachkenntnisse wusste, was wann passieren wurde und - fast noch wichtiger: damit er durchstreichen konnte, welches Fach vorbei war und abschätzen konnte "wann es endlich vorbei war".

3. ICH SCHWÄRMTE bei jeder sich bietenden Gelegenheit der Erzieherin von unserer alten Kita in Berlin vor. Von der liebevollen Zuwendung der Erzieherinnen Uli und Rosa, von der lateinamerikanischen Herzlichkeit und den unentwegten Umarmungen und Zuneigungsbeweisen, die der kleine Argentinier Luis nun schmerzlich vermisse und von der unglaublichen Sozialkompetenz seiner Berliner Spielkameraden, von Pablo und Sebastian und Yara, die sich immer so liebevoll und aufmerksam um jedes neue Kind gekümmert hätten.

Nach ein paar Tagen war es so weit. Die Erzieherin überlegte nicht nur ernsthaft, ob sie sich bei dieser Berliner Kita bewerben sollte, sie nahm nun  auch Luis immer mal wieder beiseite und redete ihm gut zu, sie ermunterte die beiden deutschsprachigen Mädchen in seiner Gruppe immer wieder, mit ihm zu spielen und mit ihm gemeinsam Aufgaben zu erledigen und: sie vertraute ihm Toby Bear an. Das ist so eine Art Klassenmaskottchen, heißgeliebt von allen, das hin und wieder bei Kindern aus der Gruppe übernachten darf. Eine ganz besondere Auszeichnung und Verantwortung und wie der "Zufall" es wollte: bei der nächsten Verlosung, wo Toby Bear einmal übernachten darf, zog die Lottofee (=Klassenlehrerin) Luis und der kam mit stolzgeschwellter Brust nach Hause und verkündete stolz: ich habe heute keinmal geweint und nur einmal Wasser in der Augen gehabt, aber das zählt ja nicht.



Den Besuch von Toby Bear haben wir dann natürlich ausführlich dokumentiert und nun geht Luis alleine in die Kita. Das morgendliche "Auf Wiedersehen, Mami", mag manchmal noch ein wenig verzagt klingen, aber mit einem fröhlichen "Du packst das, Luis, mein Großer!" wird es von Tag zu Tag ein wenig leichter...



Was bleibt, ist die Erkenntnis, das kein noch so hoher Auslandszuschlag Kindertränen zu trocknen vermag. Und dass wir mit unserer Kita Alegria in Berlin ein Riesenglück hatten...



Sonntag, 8. September 2013

SCHULE - Jetzt wird es ernst...


SEERUNDFAHRT

Bevor die Schule startet, mussten wir noch einmal richtig Kraft tanken. Und das kann man am besten bei einem - nicht zu anstrengenden - Familienausflug.


Nicht zu viel Bewegung - daher im Elektromobil (= überdimensioniertem Golfcaddy) - und nicht zu viel Kultur - daher nur zwei Zwischenstopps bei den zwei "allerwichtigsten" Tempeln auf der Strecke:











Dafür aber jede Menge Dosenbier und Softdrinks in der Kühltasche und Chips für die Kinder in den hinteren Sitzreihen. Mit dabei natürlich die "Adams-Family" - in der Gruppe reist es sich doch gleich viel fröhlicher.

So ging es einmal um den Westlake. Und danach zum "Sundowner" (klingt besser als "noch ne Dose Bier") auf die Terrasse im Sedona...





HANOI - ERSTER AUSFLUG MIT DER FOTOTRUPPE

In der Botschaft gibt es einen Kollegen, der ein wirklich toller Fotograf ist. Damit nicht genug: er ist auch noch ein netter Mensch und teilt sein riesiges Wissen mit den lernwilligen anderen Fotografen (und solchen, die es werden wollen). Wenn das kein Glücksfall ist...

Hier einfach mal ein paar Impressionen unseres ersten Spaziergangs:




Ja, die Fotos sind bearbeitet (ich experimentiere hier gerade ein wenig rum, weil ich vor dem Umzug das tolle Lightroomprogramm noch nicht aufspielen kann), allerdings nur im Hinblick auf die Farben. Die Leiter auf dem Mofa ist nicht "reinretouchiert", mit der waren die beiden Typen wirklich unterwegs. Und im Vergleich zu dem, was hier sonst so auf Zweirädern transportiert wird: Käfige mit Enten, halbe Autos, Berge von Kartons, vor allem aber kleine Kinder ohne Helm (!) war das noch harmlos. Ich möchte nicht wissen, was im Prenzlauer Berg loswäre, wenn dort jemand wagte, so unterwegs zu sein... Vermutlich würden etliche Schwabenmütter einen Herzinfarkt bekommen.

Fünf Meter neben dem turbulenten Straßenverkehr dann das totale Kontrastprogramm:


Der Hoan-Kiem-See mag nicht groß sein, aber der ihn umgebende Park (in Deutschland würde man es vielleicht eher Grünstreifen nennen), ist ein wichtiges "Naherholungsgebiet" für die Menschen in der Stadt.




Und dort geht es dann auch ganz anders zu: Innehalten, Kinderlachen,...





... Morgen- und Abendgymnastik - und alles mit Blick auf den See:




WIR SIND ZU FÜNFT!

Philipp ist da! Unser Gastsohn Philipp - bisher war er "nur" unser Neffe - ist nur eine Woche nach uns in Vietnam eingetroffen

Als ich - noch in Berlin - mit Lotta besprach, ob das für sie in Ordnung sei, wenn Philipp während der ersten Monate in Hanoi bei uns wohnen würde, hatte sie sofort zugestimmt und das auch gleich sehr einleuchtend begründet: "Wenn wir dann da sind, und keinen kennen, ist es besser, wir sind möglichst viele. Und fünf ist dann besser als vier, weil Philipp kennen wir ja auch schon!"

Dieser Argumentation konnten wir uns schwerlich entziehen und nun ist er da!

Lotta und Luis freuen sich sehr über den "großen Bruder auf Zeit" und sind Nico und Carla mehr als dankbar, dass die für ein paar Monate auf ihren Bruder verzichten, damit der sich um die einsame Verwandtschaft in Asien kümmern kann.

Und auch Philipp scheint ganz froh über das "Abenteuer Hanoi", hat mir schon erklärt, wie man einen Blog schreibt und ist glücklicherweise auch mit kleinen Dingen sehr glücklich zu machen - hier mit seiner ersten eigenen vietnamesischen Mini-SIMCARD für sein Handy: