Montag, 18. August 2014

DA WIRD DOCH DER HUND IN DER PFANNE VERRÜCKT

Als ich zum ersten Mal einen sehe, will ich es nicht glauben. Schaue noch einmal genau hin: 
Das weit aufgerissene Maul. Die kross gegrillte Haut. Die spitzen Zähne und der - eben NICHT GERINGELTE - Schwanz.


So sehr ich mir auch wünsche, mich verguckt zu haben, aber - was da vor mir liegt ist definitiv kein Spanferkel. Es ist ein Hund.




Das vietnamesische Pendant zum Bayrischen Stockfisch. Oder zur Ente nach Kanton-Art.

Monatelang hatte ich gehofft, die Geschichten von Hunde verspeisenden Vietnamesen gehörten zu den Vorurteilen, die man im Westen Vietnam gegenüber immer noch hegt. Doch nun sehe ich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. 

Und erinnere mich prompt an eine Begegnung am Straßenrand vor ein paar Wochen.
Dort hatte ein Mann sein Motorrad abgestellt, und mir war im Vorbeifahren seine etwas ungewöhnliche Ladung auf dem Gepäckträger aufgefallen: 

Ich hielt an, um einen Schnappschuss mit dem Handy zu machen, und als der Mann, dem das Motorrad und die (noch) sehr lebendige Fracht  gehörten, zu seinem Fahrzeug zurückkam, machte ich eine fragende Geste mit der Hand zum Mund. International verständlich als die Frage: „Sind die zum Essen?“ 

Und er gestikulierte - ebenfalls international verständlich -  zurück, indem er mich strahlend anlächelte und energisch den Kopf schüttelte: “Na klar, aber das werde ich Dir naiver Ausländerin ganz bestimmt nicht auf die Nase binden!“

Ich habe mich damals - genau so naiv, wie mein Gesprächspartner mich einschätzte -  täuschen lassen, lächelte ihn an und fuhr erleichtert weiter.

So befremdlich aber für uns der Gedanke ist, dass jemand den einzigen echten Freund der Menschen, den Hund, einfach so auf seine Speisekarte setzt, so nachvollziehbar sind die Gründe, die in Vietnam dazu führten:

Zeiten, in denen die Menschen hier richtig viel zu essen hatten, sind in der Geschichte des Landes eher rar gesät.

Schon vor dem Vietnamkrieg und schon vor der französischen Kolonialzeit ernährten sich die meisten Vietnamesen fast ausschließlich von Reis. Und waren dankbar für alles Proteinhaltige, das sich fand, um diese doch sehr einseitige Ernährung etwas „aufzupeppen“.

Das erklärt zum einen die Tatsache, dass die vietnamesische Haltung zu Seidenraupen in Salat, Babyquallen auf Crackern und Froschschenkeln in Fünf-Gewürze-Soße deutlich entspannter ist, als unsere. 


Das erklärt aber auch, dass in Zeiten, in denen immer mehr Bauern begannen, neben dem Reisanbau Hühner und Schweine zu züchten, die Enttäuschung einigermaßen groß war, wenn die Aufseher der Regierung kamen und den gesamten Tierbestand beschlagnahmten, um damit z.B. die Armee zu versorgen. 
Oder - fast noch wichtiger - diejenigen, die die Armee befehligten.

Alle Tiere wurden akribisch erfasst und im Angesicht drakonischer Strafen bei „Unterschlagung“ eines Tieres, kam es recht selten vor, dass die Bauern, die die Tiere züchteten, sie auch selbst aßen.

Nun ist aber das Wort „Bauernschläue“, das wir auch in Deutschland gerne verwenden, vietnamesischen Ursprungs und so ist es wenig verwunderlich, dass die Bauern irgendwann feststellten, dass die Tierbeschlagnahmer zwar Hühner und Schweine akribisch zählten, den zahlreichen Hunden, die es auf den Höfen gab, jedoch wenig Beachtung schenkten.

Irgendwann war es dann soweit. Ein Bauer, vermutlich namens Ngyuen, wagte es und schlachtete einen seiner Hunde. Kross gegrillt und serviert mit der obligatorischen Fischsoße, dazu ein wenig mehr Schnaps als üblich und siehe da - vielleicht etwas zäh und streng im Geschmack - aber: essbar. Und dazu proteinreich!

Herr Ngyuen fand zahlreiche Nachahmer und irgendwann kamen auch die Städter auf den Geschmack und außerhalb von Hanoi entstand eine ganze Straße, an der sich ein Hunderestaurant an das andere reihte.

Mittlerweile gerät dieser Trend jedoch außer Mode. Immer mehr Vietnamesen - zumindest in der Stadt - können sich Alternativen zum echten „Hot Dog“ leisten und so findet man zwar auf manchen Märkten noch Stände wie diesen - aber es werden weniger…


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