Montag, 11. November 2013

BUNDESJUGENDSPIELE FÜR ARME

Für die einen rosige Kindheitserinnerung, für die anderen ewiger Makel: die Bundesjugendspiele.

Laufen, Werfen, Springen um die Wette und dann das große Bangen, während die Sportlehrer die Punkte zusammenzählten...

Manchmal lagen zwischen Triumph und Schämen nur wenige Zentimeter oder Sekunden. Reichte es für eine Ehrenurkunde? Aber doch wenigstens für eine Siegerurkunde? Mit leeren Händen nach Hause zu kommen - das wünschte man nicht mal seinem ärgsten Feind...

Und so gab es meist mehr als ein Kind in der Klasse, dass heimlich jubelte, wenn am Tag vor den Bundesjungendspielen per Lautsprecherdurchsage des Schuldirektors die Veranstaltung abgesagt wurde. Weil es zu sehr regnete oder einfach viel zu kalt für eine Freiluftveranstaltung war.

Hier in Hanoi ist das alles GANZ ANDERS.

Zum einen fällt hier - selbst im November - eine Veranstaltung eher wegen Hitze aus, als wegen zu niedriger Temperaturen.

Dann wurden bei der Veranstaltung in der UNIS die Disziplinen auf eine reduziert: das Laufen.

Und dann gab es hier kein einziges enttäuschtes, aber viele viele stolze Gesichter!

In der UNIS findet jährlich der Walk-a-thon statt. Teilnehmen dürfen alle großen Kindergarten- und die Grundschulkinder. Sie müssen versuchen, innerhalb einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Runden zu laufen oder gerne auch zu gehen.

Vor dem Ereignis bekommen die Kinder eine Sponsorenliste. Dort sammeln sie die Spendenzusagen ihrer Sponsoren - der Menschen, die noch vor dem Rennen versprechen, für jede gelaufene Runde einen bestimmten Betrag zu spenden.

Oma gibt pro Runde 2 Dollar, Opa legt nochmal 3 obendrauf. Mama und Papa spenden 50.000 Dong pro Runde (ca. 2 Euro), die Adam's Family unterstützt Lotta und Luis natürlich auch und Gastbruder Philipp lässt sich auch nicht lumpen - will vorher aber ganz genau wissen, wie viele Runden die "Kleinen" in der Regel so schaffen...

Endlich ist der große Tag gekommen: 

Auf dem Sportgelände wird eine ca. 240 Meter lange runde Bahn abgesteckt.Viele Eltern sind gekommen, um anzufeuern und natürlich auch, um die Striche auf die Arme zu malen, die es für jede gelaufene Runde gibt.


 
Die Sonne steht hoch am Himmel - Sonnenhüte sind Pflicht.
 

Für die meisten Kinder ist es der erste Sportwettkampf ihres Lebens und entsprechend groß ist die Aufregung.


Vor dem Start: gemeinsames Aufwärmtraining mit Coach Andy. 





Fehlt nicht viel und die Eltern hüpfen mit - so mitreißend ist es...
 


Und dann geht es los! Die Kinder starten in zwei Runden. Die, die gerade pausieren, säumen die Laufstrecke und feuern an, was das Zeug hält.


Dass sowohl innen als auch außen an der Bahn Kinder stehen, die den Läufern ihre Hände zum Abklatschen entgegenstrecken, führt dazu, dass vor allem die kleineren Kinder die Strecke im Zickzack-Kurs bestreiten, um auch wirklich keine Hand auszulassen.



Aber auch erfahrene Läuferinnen lassen es sich nicht nehmen, "abzuklatschen" und genießen das Angefeuertwerden sichtlich.
 

Für jede gelaufene Runde bekommen die Kinder einen dicken Strich auf den Arm. Danach geht es sofort weiter.


Als der Abschlusspfiff ertönt, sind viele der Kleinen total erschöpft und brauchen erstmal dringend Wasser und - fast noch dringender eine Umarmung und Lob.

Dann geht es zurück in die Klassenräume, wo Eis und Obst auf sie warten. Solche sportliche Höchstleistungen müssen gefeiert werden.


Am Ende sind es weit über 10.000 Dollar, die die Kinder - unterstützt durch ihre Sponsoren - erlaufen haben.

Nicht für sich. 

Das Geld geht an arme vietnamesischen Kindern, die nun für ein weiteres Jahr in die Schule gehen können, weil Schulgeld oder Fahrkarten bezahlt werden.


Und dass auch die jüngsten Läufer wissen, worum es bei diesem Wettkampf geht, zeigt der Kommentar von Luis' kleiner holländischen Freundin nach dem Rennen:

Zuriya war gleich in der ersten Runde böse gestürzt und musste zur Krankenschwester, um die Wunder zu desinfizieren und ein Pflaster darauf zu kleben. Danach rannte sie jedoch sofort weiter und schaffte noch fast genauso viele Runden wie die anderen Kinder ihre Gruppe. 

Dennoch war sie am Ende etwas traurig: "Wäre ich bloß nicht zur Nurse gegangen. Dann hätte ich noch zwei Runden mehr geschafft. Und dann könnte NOCH EIN Kind in die Schule gehen!"


Und unsere persönliche Bilanz? Lottas und Luis' Ergebnis? Sagen wir mal so: Philipp hat ganz schön überrascht geguckt - 9 bzw 11 Runden - DAS hätte er den Kleinen gar nicht zugetraut...




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