Mangels Sprachkenntnissen hätten wir zumindest bei der theoretischen Prüfung gegenüber den einheimischen Prüflingen schlechte Karten. Wir könnten die Fragen nicht mal lesen, geschweige denn verstehen oder gar korrekt beantworten.
Typisch vietnamesisch hat man dieses Problem in Hanoi sehr pragmatisch gelöst. Eine solche Schlechterbehandlung würde sich mit dem Kommunismus hier nämlich nicht vertragen und deswegen mussten wir "Nicht-Vietnamesisch-Sprechenden" EBEN KEINE theoretische Prüfung machen!
Wir haben da gar nicht lange widersprochen. Ist ja auch im Hinblick auf den Bürokratieabbau prima, wenn durch unseren "Verzicht" auf eine schriftliche Prüfung die Zahl der Prüflinge und der damit verbundene Verwaltungsaufwand verringert wird.
So blieb denn nur noch eine letzte klitzekleine Herausforderung: die Fahrprüfung.
Von der hatten schon viele vietnamesische Bekannte erzählt: "Ihr müsst eine 8 fahren. Das wars."
"Und für wen das - eigentlich unvorstellbar - zu schwierig sein sollte, der kann ja immer noch mit einem kleinen "Obolus" beim Prüfer nachhelfen. Auch das ist überhaupt kein Problem."
Guter Dinge und guter Hoffnung machten wir uns also an einem total verregneten Sonntag auf den Weg zur Führerscheinstelle.
Wie die anderen Prüflinge auch, fuhren wir mit den Motorrädern hin - war ja auch am Praktischsten so...
Nach ca. 2-3 Stunden Wartezeit, während der die bedauerlicherweise Vietnamesisch sprechenden Vietnamesen die theoretische Prüfung ablegen mussten, wurden wir aufgerufen und mussten zum Fototermin antreten.
Von da ging es dann direkt zum Parcours.
Hoppala - das war aber mal eine kleine 8.
Und außer der wirklich unglaublich kleinen 8 gab es auch noch ein paar weitere "Hindernisse". Die galt es allesamt zu bewältigen, ohne dabei den Fuß auf den Boden zu setzen oder eine der Linien zu berühren.
"Dass mit dem Obolus könnt Ihr übrigens gleich vergessen", erklärte uns in dem Moment unsere vietnamesische Bekannte, die zum Übersetzen mitgekommen war. "Das war früher mal so, aber heute? Bei der ganzen Horde von Prüfern? Ausgeschlossen - viel zu viele Zeugen!"
Meine Hoffnung sank. Mein Puls stieg.
Dann war es so weit und JAAAAAAAAAAA!
Fehlerfrei fuhren Felix und ich nacheinander durch den Parcours, durften uns dann in die Schlange der "Besteher" einreihen, noch einen kleinen Obolus entrichten (für den es allerdings eine amtliche Quittung gab) ...
- und jubelten erstmal laut los!
Das löste bei den umstehenden Vietnamesen einiges Erstaunen aus. Kein Wunder. Die meisten Vietnamesen machen den Führerschein mehrmals im Leben, weil sie ihn wegen der hier üblichen rabiaten Fahrweise immer mal wieder verlieren. Für die war die Prüfung natürlich nichts besonderes mehr, sondern reine Routine.
Wir dagegen sind fest entschlossen, den so tapfer errungenen Schein nie wieder abzugeben. Und wenn wir hier weggehen, kommt er in einem goldenen Rahmen an die Wohnzimmerwand.
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