Sonntag, 2. März 2014

DIESER WEG WIRD KEIN LEICHTER SEIN 1

MAN KANN in Vietnam Motorrad* fahren, OHNE den dafür erforderlichen Führerschein zu haben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei einen westlichen Ausländer anhält und sich den Führerschein zeigen lässt, ist MINIMAL. 

Es wäre dem Polizisten auch viel zu peinlich, dem Verkehrssünder nicht erklären zu können, wofür er jetzt ein Bußgeld zahlen soll. Richtig: Fremdsprachenkenntnisse gehören auch in Vietnam nicht zum Anforderungsprofil eines Verkehrspolizisten...

MAN KANN allerdings in Hanoi in einen Unfall verwickelt werden und dann an einen Polizisten geraten, der - Ausländer hin oder her - den Führerschein sehen will.

Und die Wahrscheinlichkeit dafür ist leider NICHT MINIMAL. 

Den Straßenverkehr in Hanoi als "etwas chaotisch" zu bezeichnen, ist eine absolute Untertreibung. TOTALE ANARCHIE trifft es da schon eher... Neuankömmlinge nennen ihn auch gerne "mörderisch" oder etwas theatralisch "das Wildeste, das ihnen je passiert sei".

Um sich dennoch von einem Ort zum anderen zu bewegen, ist somit für all diejenigen, 

- die nicht mit dicken SUVs die viel zu schmalen und sowieso schon chronisch verstopften Straßen versperren wollen

- denen das selbstzerstörerische Gen derer fehlt, die meinen, sich mit dem Fahrrad "in die (Verkehrs-)Schlacht begeben zu müssen

- die spätestens ab März, wenn es wieder richtig heiß wird, lange Fußmärsche prinzipiell ablehnen, schon allein um unschöne Schweißflecken zu vermeiden

- deren Sprachkenntnisse für die Benutzung der durchaus regelmäßig fahrenden Busse (aber "um Himmels Willen": NACH WELCHEN PLÄNEN???)  nicht ausreichen

 - die auf die Dauer die räumliche Nähe zu Taxifahrern scheuen, die während der Fahrt mit mindestens einem Handy telefonieren; nicht wissen, dass es einen dritten, vierten oder gar zweiten Gang gibt; es mit der Zahnpflege auch während der Arbeitszeit sehr genau nehmen (und sich dabei vor Passagieren nicht unnötig genieren); und die grundsätzlich immer schon losdüsen, bevor man überhaupt das Fahrtziel genannt hat

ein MOTORRAD das perfekte Verkehrsmittel.

Womit wir wieder bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung wären.

Auch auf die Gefahr hin, mich hier als genau die Warmduscherin zu outen, für die mich viele nach der Sache mit der Spinne und dem Vorfall mit der Fledermaus sowieso halten: MIR PERSÖNLICH war das Risiko auf die Dauer zu groß, hier ohne den Motorradführerschein herumzufahren und so gingen Felix und ich es allen Unkenrufen und Unverständnis um uns herum zum Trotz an: das Projekt "Ich mache meinen Führerschein in Hanoi".

Wohl wissend, dass uns die Textzeile von Xavier Naidoo dabei ständig im Ohr klingen würde...

Erste Voraussetzung für den Erhalt des vietnamesischen Führerscheins ist eine hervorragende Gesundheit. Und ob die vorhanden ist, wird äußerst gründlich untersucht. In einem der öffentlichen Krankenhäuser gibt es dafür eine extra eingerichtete Abteilung.





Die Damen dort tragen - damit die Atmosphäre etwas heimeliger und weniger furchteinflößend wird - ganz reizende rosa Uniformen. 



Und sie sind - trotz Bergen von Arbeit - äußerst freundlich und hilfsbereit. (Lassen sich das aber nicht anmerken.)



Auch bei der Innendekoration der Warteräume, in denen sich auch gleich die Anmeldeschalter befinden und die praktischerweise gleichzeitig auch die Behandlungsräume sind, hat man sich Gedanken gemacht.

Frei nach dem Motto: wenn Onkel Ho (Chi Minh) darüber wacht, kann ja nichts schiefgehen.





Mit vietnamesischer Gründlichkeit wurden nicht nur unser Gewicht (inklusive Schuhen, Kleidung und Handtasche) ermittelt, sondern auch noch unsere Sehfähigkeit, die Sauberkeit unserer Ohren und die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit unserer Nasen überprüft.










Am Ende wurde dann der Zustand unserer Gebisse kontrolliert, denn offenbar sind schlechte Zähne - zumindest nach hiesiger Überzeugung - ein ständiger Quell von Verkehrsunfällen. Dem Thema wird daher im Vorfeld der Führerscheinprüfung besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet.




Um es kurz zu machen:  Ohren, Zähne, Nase, Körpergröße - alles war  in Ordnung. Und die erste Hürde somit überwunden.

Jetzt galt es nur noch eines zu schaffen: die Führerscheinprüfung selbst.



Sollte jetzt jemand tatsächlich nachfragen: "Aber es gibt doch auch kleine Motorräder, mit 50 Kubik, die darf man doch ohne besonderen Führerschein fahren?", gehe ich davon aus, dass es sich um eine Scherzfrage handelt. DAS ist doch wirklich was für Warmduscher! Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h auf Hanoier Straßen will man natürlich etwas "Feuer" unter dem Mopedsitz...

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