Montag, 4. Januar 2016

STRAHLENDER EMPFANG

Lange haben wir diskutiert, ob wir über Weihnachten wirklich nach Myanmar fahren wollen. Noch länger haben wir diese Reise geplant.

Die Flüge waren rasch und zu einem günstigen Preis gebucht. Als es dann aber an die Details ging, wurde es umständlich. Und teuer. Sehr umständlich. Und sehr teuer.

Wie so oft verhalten sich in diesem Land die Preise der Hotels antiproportional zum Durchschnittseinkommen der Menschen dort.

Sprich: Obwohl ein Arbeiter in Myanmar mit etwas Glück 80 Dollar im Monat nach Hause bringt, kostet ein Hotelzimmer wie wir es für uns - vor allem der Kinder wegen - buchen möchten, ungefähr das dreifache. Pro Nacht.

Wir reisen zur absoluten Hochsaison. Im myanmarischen Winter ist es angenehm warm. Und trocken. Monsun, Zyklone und andere Naturkatastrophen suchen das Land meist in den Sommermonaten heim.


Von der erträumten Zugfahrt - über Nacht von Yangon nach Bagan - muss ich mich auch rasch verabschieden. Offenbar ist es pures Glück, wann die Züge fahren und wann sie - weil irgendein wichtiger Militär die Waggons "dringender braucht" - ausfallen.

Immerhin für die letzte Etappe wählen wir dann den Wasserweg - auf dem Irrawaddy - und stellen zu spät fest, dass der "nette Bootsausflug" bis zu 13 Stunden dauern kann. Je nach Strömung - und Alter des Boots...

Irgendwann ist fast alles gebucht, es fehlt nur noch eine Unterkunft für die ersten beiden Nächte in Yangon. Und allen Bedenken zum Trotz buchen wir schließlich eine "low budget"-Unterkunft auf einem Reiseportal. 

Nicht einmal auf den Fotos im Internet sieht das Hotel besonders ansprechend aus. Funktional. Hoffentlich sauber. Und hoffentlich nicht komplett "ab vom Schuss"...

Sicherheitshalber warne ich die Kinder bereits während des Fluges vor: „Hört mal, Ihr Süßen. Nur damit Ihr Euch nachher nicht wundert. Wir wohnen ja über Weihnachten in einem ganz besonders schönen Hotel… Aber das kostet natürlich auch ganz viel Geld und das Hotel vor Weihnachten auch und deswegen wohnen wir jetzt in Yangon erstmal in einem ganz einfachen Hotel. Nicht, dass Ihr gleich ein langes Gesicht macht, aber wir können ja nicht immer so schön wie in Bangkok wohnen... Es soll ja auch ein bisschen ein Abenteuerurlaub sein..."

Zwei skeptische Augenpaare schauen mich an und ich überlege, ob wir uns da zwei kleine Snobs herangezogen haben.

Ach - und wenn! Die Strandhütte, die wir für die Tage im Anschluss an Myanmar auf Ko Phi Phi in der Andamenansee in Thailand gebucht haben, lässt Robinson Crusoes Behausung wie einen Palast aussehen. 
Und dort haben Lotta und Luis sich bis jetzt auch immer wohl gefühlt.


Die Einreise in Myanmar gestaltet sich unerwartet unbürokratisch

Offenbar hat man Felix längst verziehen, dass er schon lange vor den letzten Wahlen die damalige Oppositionspolitikerin Daw Aung San Su Kyi unterstützte und sogar als Jurorin für seine "Human Rights Logo"- Kampagne eingesetzt hatte.

Auch Felix darf einreisen.

Ein Taxi ist rasch gefunden. Der Flughafen liegt weit außerhalb und dank spärlicher Straßenbeleuchtung ist der Übergang von Vorstadt zu Stadtzentrum fließend - alles ist dunkel.

Nach einigem Suchen findet der Taxifahrer schließlich die Gasse, in der unser Hotel liegt. Und im Nachhinein fragen wir uns, wie wir es "NICHT" auf den ersten Blick entdecken konnten.

Bei der Außenbeleuchtung...


Getoppt wird die Weihnachtsblinkerei dann tatsächlich noch von einem Rezeptionstresen im Billigfurnier-Look und der hellbraunen Couch aus Kunstleder, die den Eingangsbereich unseres "Familienzimmers"  schmückt.

Zudem liegt die "Minisuite" im obersten Stockwerk und der Fahrstuhl rumpelt so, dass wir zumindest auf dem Weg nach unten lieber die Treppe benutzen.

Doch dann zeigt sich mal wieder, dass Kinder einen ganz eigenen Blick auf Dinge haben, denn Carlotta meint auf dem Weg zur Rezeption - wo wir uns einen Tipp für einen Schlummertrunk erhoffen - begeistert: "Das ist doch total super, das Hotel! Da vorne hängt sogar ein Kronleuchter und bei der tollen Weihnachtsbeleuchtung draußen macht es gar nichts, dass die Straßenlaternen alle kaputt sind. Hier finden wir auf jeden Fall wieder hin zurück! Ich weiß gar nicht, was Du hast, Mama…"

Als uns dann ein extrem freundlicher Concierge in fließendem Englisch nicht nur eine perfekt ausgearbeitete Route mit Zeitplan für unsere morgigen Stadterkundung notiert, sondern auch noch ein nettes Lokal "with quiet a nice view" in Fußnähe empfiehlt, bin ich fast geneigt, mich Carlottas Meinung anzuschließen und zu glauben, dass wir hier einen echten Glückstreffer gelandet haben.

Durch die dunkle Gasse und entlang einer Straße in miserablen Zustand machen wir uns auf den Weg in die empfohlene "Rooftopbar". In einem halb verfallenen Nebeneingang entdecken wir den etwas verborgen liegenden Fahrstuhl.

Darin sitzt ein freundlicher älterer Herr in verwaschener Uniform auf einem Plastikhocker - ganz offenbar der Liftboy.

Oben angekommen treten wir auf die Dachterrasse und verstehen, was der Concierge mit der "quiet nice view" meinte:



Die Shwedagon Pagode - das Wahrzeichen der Stadt - liegt vor uns. 

Oder besser: strahlt uns an.

Netter kann eine Stadt ihre Gäste wohl kaum begrüßen...



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