Montag, 23. September 2013

JA HAM WIR DENN SCHO WEIHNACHTEN?



Heute war Lehrersprechtag. Termine bei Lottas und Luis' Klassenlehrern standen an, dazu noch Treffen mit den Sprachlehrern. Bei ihnen haben die beiden zusätzlichen Englischunterricht mit den anderen "Incoming Students" und versuchen, so schnell wie möglich so aufzuholen, dass sie dem normalen Unterricht in englischer Sprache folgen können.

Zuerst fragt Mr. David, Lottas Englischlehrer, wie es Lotta denn so in Hanoi gefallen. "Ganz ehrlich?" frage ich zurück. "Lotta möchte zurück nach Berlin. Zu Luisa. Zu ihren anderen Freundinnen. Zu ihrer alten Klasse. Auf ihre alte deutsch-spanische Schule." (Dass letzteres im Hinblick auf das grauenhafte Schulessen in Berlin ein Beweis dafür ist, dass Lotta durchaus bereit ist, große Opfer zu bringen, führe ich erstmal nicht weiter aus.) "Lotta möchte nicht hier sein. Sie ist noch nicht richtig angekommen in Hanoi und sie ist oft traurig und hat Heimweh."

Mr. David schaut noch einmal in seine Unterlagen, fragt nach - "Are we talking about the same girl?" und zeigt mir schließlich, was er sich zu Lotta notiert hat:

  • She is focused, she is always very very present and active. 
  • She is happy and incredebly motivated to learn English. 
  • She is a real risktaker and tries to explain things, even if there are still words missing in her vocabulary.
  • She likes to make fun with the other kids.
  • Whenever he explains something she will compare the English grammar to German or Spanish.
  • She clearly has a talent for languages and learns them easily.
  • He is a language teacher for more than 20 years now and if there is one thing he is sure about: Carlotta will speak English very very well.

Dann zeigt er mir ein Video, auf dem Lotta mit den anderen Kindern herumalbert und schließlich auch noch Lottas letzte Schulaufgabe, für die sie - aber das weiß sie selbst noch nicht - einen GOLDEN STAR - Stempel bekommt, das ist die höchste, nur sehr selten vergebene Auszeichnung, die Mr. Carter an die Schüler verteilt, wenn sie etwas wirklich richtig richtig toll gemacht haben.

Ich solle mir keine Sorgen machen, Lotta fühle sich offenbar sehr wohl in der Schule und das wird ihr helfen, das Heimweh besser zu verwinden.

Leicht schwebend - vor Erleichterung und ein wenig natürlich auch vor mütterlichem Stolz - verabschiede ich mich und höre kurz danach von Lottas nettem Klassenlehrer Mr. Stuart die gleichen guten Neuigkeiten. 

Luis' Lehrerin Mrs. Cathie ist es offenbar ein besonders großes Anliegen, mir zu verdeutlichen, dass Luis nach der zugegebenermaßen etwas schwierigen Eingewöhnungszeit, nun ein fröhlicher kleiner Schüler ist. Auch er sei ein echter "risktaker" und mittlerweile sogar manchmal etwas schelmisch - "but in a very positive way!" - wohlgemerkt und schließlich meint sie, statt vieler Worte wolle sie mir einfach etwas vorführen - kleine Filmchen, die sie in den letzten Tagen von Luis gemacht hat.

Ich bekomme Luis zu sehen, wie er nach Toby Bears Übernachtung bei uns stolz den anderen Kindern im "morning circle" davon erzählt. Dann sehe ich Luis lächelnd mit Fadela malen und konzentriert mit Zuriya am Computer Matheaufgaben lösen. Und schließlich Luis in Badhose, wie er mit vier kleinen Mädels auf dem Turngerüst klettert, einer nach dem anderen auf den Po haut und sich alle fünf dabei kapputtlachen. 

"Da hatten sie sich bereits für den Schwimmunterricht umgezogen und es blieb noch eine Viertelstunde, bevor sie zur Schwimmhalle gehen mussten. Also waren die Kinder noch schnell auf dem Spielplatz", erklärt Mrs. Cathie mir. 

Glücklicherweise muss ich sagen, denn dass die Kinder wegen der Hitze alle in Badekleidung waren, hatte mich nicht gewundert. Dass aber eines der Mädchen auf dem Klettergerüst eine Badekappe und eine Schwimmbrille trug, hatte mich leicht irritiert.

"Es sei wirklich ganz unglaublich, wie schnell Luis sich gefangen habe", meint Mrs. Cathie. "Wenn etwas Unerwartetes passiert, mache ihn das zwar immer noch etwas nervös und unsicher." Das fröhliche Lachen unseres Sohnes auf dem letzten Filmchen aber zeigt: auch Luis ist auf dem besten Wege "anzukommen".

Und so fühle ich mich auf dem Heimweg dann auch ein bisschen wie nach der Weihnachtsbescherung: reich beschenkt, durch die Schilderungen und Bilder von zwei glücklichen Kindern, die offenbar auf dem besten Wege sind, sich hier in Hanoi einzuleben und Freunde zu finden.




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