Dienstag, 24. September 2013

IST DA JEMAND?

Würde sich dieser Blogbeitrag auf den Wahlausgang und das Abschneiden der FDP beziehen, müsste es wohl eher heißen: WAR DA JEMAND? - hier geht es aber lediglich um den Wahlabend hier in Hanoi und wie wir ihn erlebten...

Die Botschaft veranstaltete am Sonntag eine Wahlparty im Goethe Institut, zu der die deutsche Community eingeladen war und zu der ein Teil davon auch tatsächlich erschien. Und das trotz der fortgeschrittenen Stunde: durch die fünf Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland begann die Veranstaltung erst um 22.00 Uhr - für hiesige Verhältnisse eine geradezu unchristliche Zeit. Mit den ersten Hochrechnungen rechnete man erst weit nach Mitternacht...

Wir hatten es uns mit den erwachsenen Mitgliedern der Adam's Familie gerade im Taxi bequem gemacht, als Annelie uns mit den neuesten Klatsch aus Tay Ho versorgte: "Bei Penelope haben sie eingebrochen. Und bei einer Freundin von ihr auch." "Wo wohnen die denn?" fragte ich und hoffte insgeheim, dass die Antwort Ciputra oder Hoan Kiem District lauten würde, also ganz weit weg von unserem Bezirk. "Da hinten in der To Ngoc Van", lautete leider die enttäuschende Antwort. Enttäuschend deswegen, weil das bei uns "um die Ecke" ist...

Doch Annelie - wie immer bestens informiert - wusste noch mehr zu berichten: "Die Kinder von Penelope waren alleine zu Hause, als die Einbrecher kamen. Als die älteste Tochter sie entdeckte, erschreckte sich die Arme zu Tode, aber zum Glück flüchteten die Typen gleich. Das Mädchen rief sofort ihre Mutter an, die natürlich gleich nach Hause raste und auf dem Heimweg die - gefühlt - längste Taxifahrt ihres Lebens durchlitt."

"Um wieviel Uhr sind die denn gekommen?" wagte ich nachzufragen. Und fügte erneut hoffnungsvoll hinzu:"Spät nachts?" Doch wieder war Annelie erbarmungslos ehrlich:"So gegen 10, hat Penelope gesagt! Sie war ja gerade erst auf der Party angekommen, als ihre Tochter anrief..."

Felix und ich blickten erst auf unsere Uhren und dann einander etwas ratlos an. Es war kurz vor 10.

Mit einem letzten Rest Selbstbeherschung schaffte ich es, ruhig sitzenzubleiben und den Taxifahrer nicht umgehend vom Fahrersitz zu schubsen, um den Wagen selbst zurück zu unserem Haus zu steuern.

"Willst Du jetzt gleich wieder zurück?" fragte Felix leise. "Weiß nicht", murmelte ich unentschlossen.
 "Erstens kommt bei uns gar keiner rein", versuchte Felix mich zu beruhigen. "Und außerdem: Philipp ist doch da. Der bekommt das doch mit, wenn jemand ins Haus kommt und weiß dann, wie man sich verhalten muss. Abgesehen davon, dass bei uns gar keiner rein kommt...!"  
Da ging es mir natürlich gleich besser.

Wir hatten das Goethe Institut noch nicht betreten, da versuchte ich schon, Philipp anzurufen, "nur um mal hören, wie die Stimmung zu Hause so war...und überhaupt."

Felix sorgte sich:"Jetzt mach' ihm bloss keine Angst", aber diese Sorge war gänzlich unbegründet: Philipps Prepaidcard war leer. Ich konnte ihn also gar nicht erreichen und schon gar nicht beunruhigen. Er uns allerdings auch nicht. Weder erreichen noch beruhigen...

Natürlich gab ich nicht sofort auf. Stattdessen schöpfte ich alle Social Media Kanäle aus, die mir bekannt waren: What's app, Facebook, Mail, SMS - ich versuchte es auf allen Kanälen. Vergeblich.

Irgendwann kam dann von Felix die erlösende Nachricht: er habe Philipp erreicht - zu Hause sei alles in ruhig.

Das war natürlich nur bedingt beruhigend, denn Einbrecher sind ja nun gerade nicht berühmt dafür, besonders viel Lärm zu machen...

Wir schleppten uns also tapfer durch die Veranstaltung, nahmen das Ergebnis recht gleichgültig zur Kenntnis und waren uns nach der ersten Hochrechnung einig: "Wir können jetzt eigentlich auch nach Hause fahren. Passiert ja eh nichts mehr, hier..." 

"Außerdem kriegen wir sonst kein Taxi mehr", fügte Felix noch hinzu, weil er wohl mehr als ich bemüht war, den Anschein zu erwecken, es habe selbstverständlich nicht absurden Ängsten geschuldet, dass wir schon wieder den Heimweg antreten wollten. 

Noch weniger überraschend als der Wahlausgang war dann Annelies Reaktion: "Ich fahre mit. HIER passiert ja eh nichts mehr!" rief sie gleich und ich fügte in Gedanken hinzu: "... und Zuhause hoffentlich auch nicht...."

So sprangen wir drei ins nächste Taxi, flitzten zurück nach Tay Ho und erreichten - nach einer gefühlten Ewigkeit - unser Zuhause. 
Wo wir erleichtert feststellten, dass die Eingangstür keinerlei Einbruchsspuren aufwies.

Beschwingt schlossen wir auf und marschierten erstmal - vor Erleichterung laut kichernd - in die Küche. Darauf erstmal ein Bierchen!

In diesem Moment klingelte Felix Handy. Wir sahen uns verwundert an: Wer um Himmels Willen rief um diese Zeit noch an?
   
Erleichtert vernahm ich - allerdings nicht aus dem Handylautsprecher, sondern aus dem 3. Stock - Philipps Stimme:

"Ich bins. Ich wollte nur nochmal kurz Bescheid sagen, dass hier alles ruhig ist..." 

Na dann...


1 Kommentar:

  1. Mein Gott, schlimmer geht es für die Nerven echt nicht oder?!
    Ich finde den Blog echt super. So kann ich ein bisschen an eurem Lebem teilhaben. Wenn Ihr mal wieder irgendwann nach Deutschland kommt, meld Dich doch mal vorher. Vielleicht lässt es sich ja einrichten sich zu sehen.

    Unbekannterweiser liebe Grüße von Saskia an deine Familie

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